Paketzustellung mal anders

Die Lieferung der Bücher verlief kurios. Auf dem Smartphone konnte ich den Status verfolgen. Ich war auf ein Feierabendbier im Pub, als ich las, dass die Sendung angekommen sei, sie läge an einem sicheren Ablageort. Zuhause angekommen fand ich nichts, nicht vor der Tür, nicht auf und nicht im Briefkasten. Viele Möglichkeiten für einen Ablageort gibt es nicht, schon gar nicht für einen „sicheren“. Ich musste davon ausgehen, dass das Päckchen gestohlen wurde. Alle anderen Szenarien verwarf ich per Ausschlussverfahren. Ich kontaktierte also Amazon, um den Nichterhalt der Buchsendung zu reklamieren. Ich hatte einen freundlichen Herrn vom Kundenservice am Telefon. Er wusste auffallend schnell, worum es ging. Nach kurzer Recherche, meinte er, dass es einen zu großen Aufwand bedeuten würde, der Sache auf den Grund zu gehen. Stattdessen sollte ich die Bücher nochmals erhalten. Freilich ohne zusätzliche Kosten. Prima, dachte ich, guter Service. Ich bedankte mich artig und legte auf. So weit, so gut. Am nächsten Abend, ich hatte es mir bereits mit dem Tablet im Bett bequem gemacht, klingelte es an der Wohnungstür. Mein polnischer Nachbar von schräg über mir hielt mir ein Päckchen entgegen…
„Lag auf meinem Balkon“, sagte er mit furchtbar ernster Miene. Ich mag meinen polnischen Nachbarn nicht. Er spielt sich immer auf und quatscht einen voll. Darum gehe ich ihm am Liebsten aus dem Weg.
„Aha“, meinte ich lapidar, „sieht so aus, als ob das die Bücher sind, die ich vermisse. Danke.“ Das Päckchen war aufgerissen.
„Das ist vom Regen“, ihm war mein fragender Blick nicht entgangen.
Ich bedankte mich nochmals bei ihm, und er stiefelte hoch zu seiner Wohnung.
Zwanzig Minuten später stand er erneut vor meiner Tür. Ihn ließ die Sache offenbar nicht in Ruhe.
„Ich erinnere mich“, sagte er, „da war gestern ein Mann, der bei mir klingelte, und ich machte auf. Wahrscheinlich wollte er das Päckchen zustellen. Aber du warst nicht da. Warum hat er es nicht zu mir gebracht!? Wir sind Nachbarn. Ich hätte es entgegengenommen!“
„Natürlich“, lächelte ich gequält.
„Warum wirft er es auf meinen Balkon!?“ Er schimpfte auf den Paketzusteller und auf die Lieferdienste im Allgemeinen. Am Schlimmsten sei die DHL. Als er merkte, dass ich seine Aufgeregtheit nicht teilte, fragte er: „Was hättest du gemacht, wenn die Bücher weggewesen wären?“
„Dann hätte ich Pech gehabt. Danke nochmal.“
Ich schloss die Tür und legte mich zurück ins warme Bett. Sachen gibt`s.