It`s summertime

Meine Fahrradreise bereits long ago – ich erinnere mich dunkel: da war doch was.
30 Tage Urlaub auf ein Kalenderjahr verteilt sind definitiv zu wenig!

Im Job läuft alles wie gehabt. Homeoffice im Wechsel mit Bürotagen. Unzählige Tumorfälle warten darauf, von uns dokumentiert zu werden. Wem das nicht irgendwann aus dem Hals heraushängt – also, ich weiß nicht. Regulär muss ich noch bis 2029 durchhalten, um dann mit einer Niedrigrente in die Altersarmut zu starten. Vielleicht mit etwas Glück erlebe ich das nicht mehr – ich arbeite dran. Prost!
Oder ist das zu defätistisch?

Na ja, erstmal ist Wochenende. Ich gönne mir mal wieder ein verlängertes, den Montag dazu. It`s summertime in Berlin. Wäre ich ein paar Jahrzehnte jünger, würden meine Hormone durchdrehen. Ein einziger Augenschmaus, was einem da in den Parks und Biergärten vor die Linse kommt. Nun, nicht dass mich der Anblick hübscher Frauen heute völlig kalt lässt, aber ich verspüre nicht mehr diesen wahnsinnigen Druck.
Wollte ich nochmal jung sein?

Vorbei ist vorbei. Das Leben findet im Jetzt statt. Ich beziehe mein durchgeschwitztes Bett, höre Blues, trinke in aller Gemütsruhe Gin Tonic, lasse den lieben Gott einen guten Mann sein. Wo ist all das Erlebte hin? Fand es überhaupt statt? Einiges zeugt davon: Bilder, Postkarten und andere Objekte… Ich hole sie so gut wie nie hervor, ab und zu alte Gedichte. Fotos und Objekte zeigen mir lediglich die Vergänglichkeit. Worte dagegen können mich zeitlos anrühren. Sie verstauben nicht. Jedenfalls nicht in dem Maße wie andere Sachen dem Zerfall ausgesetzt sind.
Ich sollte mehr lesen.

Eine Minute reiht sich an die andere. Niemand weiß, wo die Minuten herkommen. Manchmal vergehen sie nicht schnell genug, z. B. während ich vorm Computerbildschirm sitze und Tumoren dokumentiere. Aber insgesamt gesehen vergehen die Minuten viel zu schnell.
Warum sitze ich hier plötzlich als alter Sack?!


Wortlos

Töne brauchen einen Resonanzboden. Auch Worte klingen nicht überall. Milliarden Stimmen drehen sich im Kreis und verhallen im Nichts. Ich verschwinde in gedachten Höhlen. Wenn ich zurück an die Oberfläche komme, ist alles futsch. Es bleibt noch nicht mal die Sehnsucht nach irgendwas. Ich presse einen Text wie letzte Reste aus einer Zahnpastatube.

Ich bin so gut wie die Erde, die sich um ihre Achse dreht und um die Sonne kreist. Ich bin so gut wie ein Steppenwolf, der durch die Gegend streift, bis die Last der Einsamkeit ihm das Rückgrat bricht. Die Dunkelheit verschluckt meine Erinnerungen. Meine Geburt ist eine Verschwörungstheorie.
Ich warte auf das Ende des Liedes.

  

Es gibt Tage, an denen ich denke, dass alles gesagt ist. Wirklich alles.
Wie die Erde bereits viele Millionen Male um die Sonne eierte:
Für Tag und Nacht. Für Geburt und Tod. Für Krieg und Frieden.
Für Macht und Ohnmacht. Für den immerwährenden Blues des Daseins. Für die Farben. Für die Schwärze. Für Dich. Und mich.

Alte Wege

Aus dem Homeoffice-Tran in die Wochenendmelancholie, der Rollladen auf Halbmast… Ich treibe dahin mit meiner Lieblingsmusik im Rücken. Das Hochladen auf YouTube Music dauerte zwei Tage und Nächte. Viele der Songs wecken alte Erinnerungen. Ich hörte sie lange nicht mehr. Streicheleinheiten für das geschundene Herz.
Ich will tanzen – ich will malen – schwerelos – fern von allen Ängsten – durchflutet vom wonnigen Gefühl der Liebe…
Ich sitze am Schreibtisch und träume mich durch einen milden Sommertag. Ich gehe im Geiste alte Wege. Ich will den Verstand ausschalten. Ich will neben dir liegen.

Das Fenster steht auf Kipp. Ein lauer Lufthauch berührt meinen Nacken. Ich denke zurück an meinen dementen Vater, als er hinter mir stand und zärtlich meinen Nacken anfasste, wie er es in seinem ganzen Leben nie getan hatte…
Wenn der Fluss zum Strom wird und schließlich ins Meer mündet, wird er sanft und verliert seine Ufer. Das Herz fließt hin zum Horizont.
„Alles Gute für deine Reise!“ rufe ich ihm hinterher.
Ich sitze am Schreibtisch und starre auf den Monitor des Notebooks, auf die Worte, die ich schreibe. Meine Lieblingsmusik im Rücken. Und das Leben vorm Fenster.

 

Der erste Satz ist der schwierigste

Also einen Anfang finden. Vor allem, wenn man gar nicht weiß, worüber man schreiben soll. Natürlich will ich was aufs Papier bringen. Ich schreibe einfach gern. Einen Aufhänger brauche ich aber schon. Ein Thema. Oder eine Idee. Beim Malen ist es ähnlich. Ich kann doch nicht einfach drauflosmalen. Wo ist das Motiv? Okay, inzwischen gibt`s malende Affen und Elefanten. Die stellen sich solche Fragen wahrscheinlich gar nicht. Sie wissen nicht, dass ihre Werke in irgendwelchen Galerien rumhängen. Das ist ihnen (schätze ich) scheißegal. Nur wir Menschen veranstalten ein solches Affentheater um die Kunst. Aus Geltungssucht, vermute ich, weil wir uns für was ganz Besonderes halten.
Seit Monaten will ich ein Bild malen. Ich hatte sogar ein Motiv. Warum zum Teufel fange ich heute nicht einfach damit an? Habe ich Angst, dass nichts draus wird? Es ist doch nicht das erste Bild, das ich male… Freilich weiß ich vorher nicht, ob es gut wird. Also richtig gut, – dass ich mir selbst auf die Schulter klopfen kann und mir das fertige Bild immer wieder betrachten muss, – gar nicht recht glauben kann, dass ich das geschaffen habe.
Ich muss einfach nur anfangen. Mich selbst nicht unter Druck setzen. Locker bleiben. Nicht selten steht eine Leinwand monatelang auf meiner Staffelei, bis das Bild fertig ist. Also, bis ich es als fertig ansehe…
Schreiben geht demgegenüber sehr viel schneller. Für einen Text auf meinen Blogs brauche ich selten länger als eine Stunde. Danach ein bisschen Feinschliff. Auch wenn das Wortmonster bereits auf dem Blog steht, bessere ich noch die ein oder andere Stelle aus. Ich lese immer wieder drüber. Schön finde ich das, seine eigenen Worte zu lesen. Schön ist es auch, am Strand einen schönen Stein zu finden, ihn in der Hand zu fühlen, ihn ins Wasser zu tauchen und von seinem Anblick fasziniert zu sein. Assoziativ: Geht`s uns bei Menschen, in die wir uns verlieben, nicht genauso? Ist der Mensch derart schön, oder ist es unsere Liebe zu ihm? Am Strand liegen noch Millionen andere Steine, aber wir stolperten über diesen einen, hoben ihn auf und nahmen ihn mit auf unseren Weg. Möglicherweise schmeißen wir ihn in die Fluten, wenn wir ein paar Meter weiter einen schöneren finden. So sind wir Menschen… (ziemliche Leichtfüße)
Was wollte ich eigentlich schreiben? Ist das so wichtig? Ich öffnete einfach das Gatter, und ließ die Worte frei. Die wissen im Allgemeinen, was ich so denke – wie ich ticke. Die Sätze kommen dann fast von selbst. Weg mit den Peitschen und Sporen! Ist reine Vertrauenssache. Wechselseitig. Wie es eben in einer gesunden Beziehung sein sollte…

Ich merke grad, nicht nur der Anfang ist schwer, sondern auch das Ende.