In Anlehnung an die Viele-Welten-Theorie und Schrödingers Katze überlegte ich mir heute Morgen zwischen Bettkante und Schreibtisch, dass ich in meinem Leben möglicherweise bereits viele Male starb. Vielleicht sterbe ich just in diesem Moment an einem Schlaganfall oder Herzinfarkt, aber ich bekomme davon nichts mit, da sich mein Tod in einer anderen Welt manifestiert. Hier lebe ich weiter und weiter und weiter, während ich in anderen Welten längst unter der Erde liege, gestorben an diversen Krankheiten, verunglückt oder als Opfer eines Gewaltverbrechens. Und andersherum leben meine Mitmenschen, die ich sterben sehe, in anderen Welten weiter. So könnte ein jeder eigentlich unendlich weiterexistieren, wäre da nicht die Endlichkeit des Lebens – es wird unweigerlich der Tag kommen, an dem jegliche Option des Weiterlebens wegfällt. Wie jedes Blatt irgendwann vom Baum fallen muss, gibt es auch für unsereins den endgültigen Tod. Doch bis dahin bleibt noch etwas Zeit, denke ich – Schrödingers Katze lebt in dieser Welt, während sie in einer anderen tot ist.
Mir gefällt mein Gedankengang. Ich gehe in die Küche und mixe mir den ersten Drink.
Der Tag eröffnet sich mir als trüber und kühler Spätsommertag. Ist noch Spätsommer oder bereits Frühherbst? Bestimmt gibt es eine Parallelwelt, in der heute besseres Wetter ist. Wir kriegen eben nie alles. Der Blues hämmert im Hintergrund. Ich zünde eine Kerze an.