Wie kurz sind die Beine der Lügner?

„Lügen haben kurze Beine“, sagt der Volksmund. Ich erinnere mich daran, dass ich in diesem Sinne erzogen wurde. Aus mir heraus fühlte ich mich im frühen Kindesalter stets der Wahrheit verpflichtet – „Kindermund tut Wahrheit kund“ sagt ein anderes Sprichwort. Nach und nach entdeckte ich allerdings, dass die Erwachsenen, die uns Kindern das Lügen strikt untersagten, es mit der Wahrheit selbst nicht so genau nahmen – als hätte man als Erwachsener einen Freischein zum Lügen. Trotzdem blieb ich dem Prinzip Ehrlichkeit noch bis nach meiner Einschulung treu…, bis ich endgültig im Dschungel des Lebens ankam, wo Täuschung und Lüge als nützliche, gar lebensnotwendige Strategien gelten. Schmerzhaft erinnere ich mich an meine allererste Lüge – was für ein Selbstverrat! Und wie das so ist: Wenn der Damm erstmal gebrochen ist… Doch das Lügen fiel mir immer schwer und bereitete mir Gewissensbisse.
Manchmal wird mir in Diskussionen Naivität unterstellt. Bin ich naiv, weil ich vom Prinzip Ehrlichkeit nicht ablassen kann? (Womöglich bin ich als Träumer/Idealist nie wirklich im Dschungel angekommen.) Aber irgendwer muss vor mir diese Idee auch schon gehabt haben… Wenn man im Sinne von „Lügen haben kurze Beine“ erzogen wird, damals und wahrscheinlich noch heute, muss dies über viele Generationen hinweg als ein hehres Prinzip gegolten haben (- warum nur?)… Und ich halte daran fest, dass man nur mit Ehrlichkeit gesellschaftliche Missstände effektiv verbessern kann.
Leider stößt man mit derart Ansinnen immer wieder auf Festungen der Doppelmoral in Politik und Institutionen. Als altgedienter Ex-Altenpfleger kann ich ein Lied davon singen, wie der „Pflegemissstand“ über Jahrzehnte durch eine fehlende Bereitschaft zur konsequenten Ehrlichkeit bei den Verantwortlichen verschleppt wurde. Und so ist es nicht nur in der Pflege, sondern systemisch in unserer gesamten Gesellschaft. Man lügt sich lieber in die Tasche, als sich unangenehmen Wahrheiten zu stellen. Am besten wird alles derart verschleiert, dass niemand mehr durchblickt, am Ende nicht mal mehr jene, die den Mist verzapften. Wir lügen uns die Lüge wahr. Der Meinungsfaschismus im Corona-Wunderland zeigt es aktuell. Wie Hannah Arendt sagte: Das Wahrlügen ist die teuflischste/perfideste Art des Lügens.

      

Menschenliebe

Ich bin ein Menschenfreund – egal welcher Nationalität oder Religion Menschen angehören, egal welche Hautfarbe sie haben… ich mag sie alle. Aber ich verurteile die Unmenschen unter uns, auch ganz egal, wo sie herkommen – alle Unterdrücker, Betrüger und Gewalttäter sind in meinen Augen Unmenschen. Sollen sie unter sich ihr Unwesen treiben aber ihre schmutzigen Finger gefälligst von den friedlichen Mitmenschen lassen. Ich will nicht in ihre Gewaltexzesse und Lügenorgien hineingezogen werden.
Niemals werde ich Verständnis für unmenschliche Agitationen jeglicher Art aufbringen. Doch habe ich Verständnis für jene, die sich gegen Unterdrückung und Gewalt auflehnen. Es gilt, die Unmenschen beim Namen zu nennen und moralisch bloßzustellen. Mein Herz schlägt für die Menschenfreunde auf dieser Welt. Wir sind über alle Grenzen hinweg (abseits aller Narrative) verbunden und wollen in Frieden, Freiheit und Menschlichkeit miteinander leben.

  

Notizen

  • Was macht man in einer Gesellschaft voller Verräter?
  • Sie nennen ihre Lügen Aufklärung.
  • Ich habe niemandem mehr etwas zu beweisen.
  • Die Verlogenheit in der Gesellschaft ist mein Dauerbrenner-Thema.
  • Mit meinen Kindern muss ich nicht ins Reine kommen, weil ich keine habe.
  • Wohin soll ich in den letzten Jahren meines Lebens gehen?
  • Niemand hat die Chance, gegen sein eigenes Monster zu gewinnen.
  • Damals trank ich Alkohol aus Trotz und Auflehnung – heute ist er mein einziger Verbündeter.


Zum Kotzen

Bei jedem der jetzigen Politiker in Regierungsverantwortung geht mir das Messer in der Tasche auf.
Auch angesichts meiner Vorgesetzten im Job gruselt es mich… Am widerlichsten finde ich Kollegen und Kolleginnen, die in aller Kunst des Arschkriechertums tätig werden. Es scheint mir, dass wir alle (zumindest funktionell) zu den Ingredienzien eines Schokoladenkuchens gehören, der nach außen hin glänzen soll aber in seinem Inneren hohl (oder voll Scheiße) ist.

Werden all die Lügen nicht wahrgenommen? Warum wird die Heuchelei in unserer Gesellschaft nicht als solche angeprangert? – Ich habe nur eine Antwort: Wir gehören alle längst zum Lügensystem. Wir ziehen daraus unseren materiellen Nutzen. Wir wurden von klein auf von der Schein-Moral des Kapitalismus geprägt. Wir reden uns unsere Dekadenz und pervertierten Wohlstandsgelüste schön.

Aber die Welt wollen wir trotzdem retten. Am besten gestern.

Nachtwache

Als ich als Zivi mit der Altenpflege anfing, war ich 26. Mein Leben lag vor mir. Auch wenn ich keine blasse Idee hatte. Wenigstens hatte ich einen Job, in dem ich relativ flexibel arbeiten konnte, Teilzeit oder im Nachtdienst. Der bot sich prima als Brotverdienst neben dem Studium an. All die Jahre während meiner Kneipensumpfzeit war mir jedoch klar, dass das mit dem Studieren nichts werden würde. Mit Mitte Dreißig riss ich schließlich das Ruder herum. Also wenigstens um ein paar Grad. Ich hatte die Möglichkeit, berufsbegleitend eine dreijährige Ausbildung zum Exam. Altenpfleger zu machen. Die zog ich im Gegensatz zu den diversen Studiengängen dann auch durch.
Die Altenpflege war der Job meines Lebens. Was ich während dieser fast drei Jahrzehnte in den Pflegeheimen sah und erlebte, passt auf keine Kuhhaut. Immer schon setzte ich mich grundsätzlich mit dem Altern, dem Sterben und Tod auseinander. Ich dachte als junger Mann, dass mich die praxisnahe Beschäftigung mit diesen gewaltigen Themen weiterbrächte – weiter auf meiner Sinnsuche und der Entschleierung des Mysteriums Dasein. Resümierend muss ich erkennen, dass dem nicht so war. Ich war zwar nah dran, aber die Mauer des Unverständnisses und Fremdheitsgefühls gegenüber der Welt, in die ich hineingeboren wurde, blieb unüberwindbar.
Ich war oft überfordert von der Wirklichkeit in der Pflege, den Anforderungen und der Verantwortung… Letztlich war es der menschliche Kontakt zu den Alten, der mich demütig machte und motivierte. Ich lebte mit den Alten zusammen in einer Art Parallelwelt, vor allem während meiner Nachtdienste. In klaren Nächten blickte ich oft in den Sternenhimmel, während die mir Schutzbefohlenen in ihren Zimmern schlummerten. Leider schlummerten sie nicht immer…
Ich windelte sie zweimal in der Nacht. Einige musste ich aus den Betten holen und umziehen. Die Toilettenstühle waren anfangs noch hölzern und stanken nach Urin. Es war Akkordarbeit. Ein Knochenjob. Es gab Kollegen und Kolleginnen, die dabei brutal vorgingen. Die Alten hatten keine Chance. Ich wollte das nicht… Viel zu oft machte ich mich mitschuldig. Ich dachte: So ähnlich müssen sich Soldaten im Krieg fühlen. Sie werden zu Handlungen gezwungen, die sie eigentlich nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können. Fuck! Ich hatte den Kriegsdienst verweigert und fand mich plötzlich an einem zivilen Kriegsschauplatz wieder…
Seit dreißig Jahren verfolge ich die Diskussionen über den Pflegenotstand in den Medien. Mir wird übel. Ich blickte hinter die Kulissen und sah den Horror, die dunklen Seiten menschlichen Wirkens, den Abgrund, die Lügen und die Selbstherrlichkeit. Ich war dabei.

 

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48 cm x 62 cm, Aquarell, ca. 1990

 

Das Verarschungssystem

Ständig verarscht durch unsinnige Regeln, durch eine unverständliche Justiz, durch die Bürokratie, durch doofe Werbung, durch Politiker, die mehr versprechen, als sie halten können, durch die Millionen Lügen im Internet, durch Meinungsmache in den Medien… Wem kann ich als Bürger, Konsument und Mensch überhaupt noch glauben? Dem Pfarrer, der auf der Kanzel steht und predigt? Meinem Chef, der mir bald eine Gehaltserhöhung in Aussicht stellt? Oder meinem Vermieter, der mir sagt, dass er sofort einen Handwerker schicken wird, um das Klo zu reparieren? Dem Bankberater, der mir ein Aktienpaket aufschwätzt? Der Polizei, die mir verspricht, dem Diebstahl meines Fahrrads nachzugehen? Meiner Freundin, die mir tausendmal versichert, dass sie mich liebt? Dem Arzt, der mir Medikamente gegen meinen Bluthochdruck verschreibt?
Wem soll ich bitte sehr noch glauben? Vielleicht nur noch mir selbst? Wäre wohl das Beste. Es kommt selten vor, dass ich mich selbst belüge. Und wenn ich mal wirklich Scheiße baue, kann ich das vor mir ganz gut abbügeln. Ich bin sehr tolerant gegenüber mir.