Weiß der Teufel

Hallo ihr lieben Sackgesichter, diesseits und jenseits des Jordans. Ich hoffe, ihr habt regelmäßig Stuhlgang und keinen Mundgeruch. Mundgeruch ist ein echter Liebestöter. Ihr kennt das Wort Liebe sicher noch. Ich habe es nämlich vergessen. Da war mal was… Wenn ich mich verliebte, hatte ich meistens einen Schnupfen. Damals hieß das noch nicht Corona. Mit der Erinnerung ist das so eine Sache. Die Welt beschleunigt von einem neuem Smartphone hin zum nächsten neuen Smartphone. Es wirken inzwischen 5G-Kräfte. Ich kralle mich am Schreibtisch fest – nicht, dass es mich hinaus ins Blödheitsuniversum schleudert. Ihr müsst wissen, ich bin mit 60 nicht mehr der Jüngste. Als ich geboren wurde, gab es in den meisten Haushalten nicht mal Transistorradios. Damals fand ich den technischen Fortschritt echt spannend. Die Amerikaner landeten auf dem Mond – war das nicht supergeil?! Es war eine gute Zeit. Ich ging sogar gern in die Schule. Ich erkannte in den ersten Jahren noch nicht, welche Tretmühle die Schule ist. Ich war ein Kind und fügte mich in die Gegebenheiten. Aber die Schlinge zog sich immer weiter zu um meinen Hals. Die Versagensängste wuchsen. Die Schule wurde zum Angst-Ort. Bald gehörte ich zu den Außenseitern. Wenn ich Glück hatte, bekam ich in einem Fach einen empathischen Lehrer, der nicht nur Hausaufgaben kontrollierte und Wissen abfragte, sondern mich über Wertschätzung zum Lernen motivierte. Diese Lehrer liebte ich. Sie trotzten wie ich der Hölle.  
Aber zurück ins Heute: Die Hölle von damals ist keine Vergangenheit. Sie nahm sogar an Geschwindigkeit auf. Das Blödheitsuniversum verschlingt uns. Wer rebelliert?

Der Tag wird kommen

Nachdem wir unzählige Weltuntergänge verpassten, wird ein Tag kommen, an dem es wirklich so weit ist. Ebenso wie der individuelle Tod eines jeden Lebewesens von Stunde zu Stunde näher rückt – die Sanduhr des Lebens läuft unweigerlich ab. (Wer versteht den Sinn dahinter?) Die Menschen flüchten in Religion und Ideen. Pflanzen und Tiere suchen nicht nach einem Sinn. Das Muster ist immer dasselbe: Geburt – Wachstum – Reife – Fortpflanzung – Vergehen. Evolution durch Rivalität, Auslese, Überlebenskampf, Anpassung. Die Natur braucht keine ordnende Hand – sie trägt alles in sich. Die Natur braucht keine Gesetze und keine Moral. Sie existiert selbstverständlich.
Nur wir Menschen entwickelten unsere ganz eigenen Ideen, durchschnitten die Nabelschnur zu unserer Allmutter. Wir entwickelten Sprache, Bewusstsein, Geist, Technik… Und da gibt es die einen, die Bewusstsein und Geist als ein Geschenk ansehen, in Frieden mit sich und ihrer Umwelt leben wollen; und es gibt die anderen, die in ihrem Größenwahn Kriege gegen die Natur und gegen sich selbst führen. Deren Gier kennt keine Grenzen. Sie glauben, dass sie alles beherrschen können. Dieser Menschenschlag hat sich im Zeitalter des Materialismus und Kapitalismus durchgesetzt.
Der Wahnsinnige wird sein Ende finden wie alles andere auch. Aber mit dem Unterschied, dass der Wahnsinnige in Unfrieden und Unverstand auf sein Ende zusteuert. Dass er zuvor die Hölle auf Erden erzeugt.

   

Ich bin so frei: Prost!

Gestern nach dem Wochenendeinkauf im Park gesessen, Bier geschlabbert und über den Kopfhörer meine Lieblingsmusik genossen… Ich erfreute mich an der ausgelassenen Atmosphäre um mich herum: Unweit neben mir feierten junge Leute einer kleinen Hochzeitsgesellschaft, tranken Sekt und tanzten. Direkt vor mir ein lesbisches Pärchen in inniger Umarmung… Die Polizei durfte nicht fehlen. Sie hatten zwei Mannschaftswägen positioniert und patrouillierten in Zweiergruppen durch den Park, griffen aber (noch) nicht ein.
Meine Parkbesuche sind Kneipen- und Biergartenersatz. Die Menschen weichen in die Parkanlagen aus, picknicken und feiern dort, treffen sich zum Quatschen, Spielen und Sport. Nur Regenwetter vermag die Menschenströme zu bremsen. Das megaschlechte Wetter im April hatte wahrscheinlich die Regierung bei Petrus bestellt… Doch für dieses Wochenende hat Petrus wohl ein Einsehen und beschenkt uns mit warmem und sonnigem Maiwetter – Wie im Himmel wohl über die Corona-Krise gedacht wird? Vielleicht sind die da oben auch in zwei Lager gespalten… (Und der liebe Gott hält sich mal wieder aus allem heraus.) Eine besonders ehrgeizige Vertreterin auf Erden rief per „Wort zum Sonntag“ (vor 1 Woche) das TV-Publikum zur Impfung auf. Impfen sei Nächstenliebe… (Würg-Kotz!) Also, liebe Impflinge, ihr habt einen Freifahrschein ins Paradies, während böse Impfverweigerer wie ich an der Himmelspforte erstmal um Einlass betteln müssen. Na ja, als Ungläubiger komme ich sowieso in die Hölle… So what?!


Der Satansbraten

„Lebenslänglich!“ Die Stimme des Richters klang wie von ganz weit her – eingewoben in die Welt, der rote Faden, das Hintergrundrauschen des Alls. Sie spielte sich nur in meinem Kopf ab, obwohl ich damals im eigentlichen Sinne noch gar keinen hatte. Nun war also ich an der Reihe. Ich stand ganz vorne in der endlosen Schlange der wartenden Seelen und wurde abgeurteilt. Eine Farce. Nur wenige wurden aussortiert und mussten sich wieder ganz hintenanstellen. Warum, entzieht sich meiner Kenntnis. Einige der Wartenden murmelten: „Lieber Lebenslänglich, als wieder hinten anstellen“ oder „Parias“.
„Wessen sind wir eigentlich angeklagt?“ fragte ich verhalten, und mein Hintermann raunte: „Das ist eine unerlaubte Frage. Sei besser still, wenn du nicht wieder hinten landen willst.“ Mir kam diese ganze Prozedur reichlich spanisch vor. Wieso wussten einige unter uns mehr als ich darüber? Kurz überlegte ich mir, einfach aus der Reihe zu springen. Was sollte schon geschehen? Eine Seele kann man nicht töten. Aber ich schaffte es nicht. Das Ganze glich einem Albtraum – ich musste mich mit den anderen unaufhörlich vorwärts bewegen. Wie lange schon?
„Lebenslänglich!“ tönte die Stimme aus der Ferne. Sodann wurde ich zu zwei Seelen geführt, die mich in Empfang nahmen. Ich wusste damals nicht, dass es meine Eltern waren. Sie hatten die Aufgabe, das Urteil zu vollstrecken. Der Rest ist Geschichte. Hier sitze ich, ein waschechter Satansbraten, und schmore in der Hölle – dieser Ort, den die meisten vermeintlich Leben nennen. Wie dem auch sei. Mir blieb nichts anderes übrig, als das Urteil anzunehmen. Hätte ich den Mund aufgemacht, würde ich wahrscheinlich immer noch in der Reihe stehen – wie bestellt und nicht abgeholt. Und auch wenn ich von Zeit zu Zeit mit dem Urteil und den ganzen Umständen hadere, so arrangierte ich mich doch mit den Jahren damit. Wenn ich ehrlich bin, habe ich sogar Angst vor dem Ende meiner Strafe. Komme ich dann zurück in diese endlose Schlange wartender Seelen? Und alles beginnt von vorne? Eine Menge meiner Mitmenschen scheinen darüber mehr zu wissen als ich. Sie leben voller Demut und betrachten die Strafe als Geschenk. Wie meine Eltern führen sie eine oder mehrere wartende Seelen ihrer Strafe zu. Oft sehr liebevoll. Und danken wir es ihnen?
Nein, ich leide nicht unter dem Stockholm-Syndrom. Selbst wenn es gesellschaftlicher Usus ist. Ich bleibe ein hadernder Geist. Niemand kann mir Schwarz für Weiß verkaufen. Wenn ich`s damals auch nicht schaffte, aus der Reihe zu tanzen, will ich wenigstens hier ein paar verbale Schüsse gegen den Muff und den Kleingeist abfeuern. Und wenn mich darum ein weltliches Gericht verurteilte, würde ich lachend ausrufen: „Ich habe schon lebenslänglich!“

Die Hölle friert niemals zu

Da klebe ich am Arsch des Lebens, und nur ich weiß, was ich denke, wenn ich`s nicht gerade aufschreibe und als Prosa oder Gedicht aufs Blog stelle. Ich gehe dabei sehr rücksichtslos vor. Beinahe täglich verpeste ich meine Umwelt mit meinen Gedanken. Wenn das jeder machen würde – unerhört! Seine Gedanken sollte man besser für sich behalten, und so ist es wohl auch von der Natur angedacht. Sonst würden wir ständig hören, was unsere Mitmenschen denken, und das kann wirklich niemand wollen.
Okay, ich notiere und veröffentliche nur, was ich für besonders wertig oder in irgendeiner Weise bemerkenswert* finde. All meinen Gedanken käme ich niemals hinterher. Auch frage ich mich manchmal: habe ich das wirklich gedacht? Und warum? Wo kommt der ganze Mist her? Unglaublich. Vielleicht kriege ich das alles von irgendwoher telepathisch geschickt oder suggeriert. Kann ich mit Sicherheit wissen, dass das originär meine Gedanken sind? Dann noch so ein zersetzendes Zeugs. Ich wünschte mir mehr spaßige Gedanken. Viele meiner Mitmenschen kommen mir vor, als hätten sie eine Menge davon. Gut, das kann man nicht genau wissen. Wir sehen nur die Oberfläche von uns. Zu tief sollte man bei einem Menschen besser nicht schürfen. Ebenso ist es besser, wenn man nicht in jedem Restaurant, in dem man speist, die Küche oder den Koch sieht. Der Blick hinter die Kulissen kann einem mehr als nur den Appetit verderben.
Am Ende finden wir heraus, dass (fast) alle Menschen (kleine) Faschisten im Geiste sind. Solche Erkenntnisse würden sofort nach hinten losgehen. Unsere Dämonen lassen sich ungern in die Suppe spucken.

(* damit zog ich den Unmut mancher Mitmenschen auf mich – eine Erfahrung aus der Zeit, als ich in sogenannten Literaturforen unterwegs war)

Zeit für die Wahrheit

Mir ist klar, dass die Wahrheit oft unbequem ist. Viele werden sie nicht hören wollen. Andere wiederum ahnten die Wahrheit sicher und werden nicht besonders überrascht sein. Bestimmt aber werden die meisten aus allen Wolken fallen. Sei`s drum. Meine Wahrheitsliebe verpflichtet mich dazu, Euch hier und jetzt mitzuteilen, was Sache ist.

Nein, das ist keine Show. Vor zwei Stunden, fünf Minuten und 23 Sekunden wurde mir aus sicherer Quelle die Wahrheit aller Wahrheiten zugespielt. Fragt mich nicht, warum ausgerechnet ich auserwählt wurde. Ich bin nur ein simpler Informant. Ich habe mich nicht um diesen Job gerissen. Auf der anderen Seite gehöre ich zu denen, die es schon lange ahnten.

Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob es eine gute Idee ist, wenn ich Euch die Wahrheit einfach so aufs Brot schmiere. Was sollte sich danach ändern? Die Mehrheit wird mich für verrückt erklären. Kann ich sogar gut verstehen. Aber da ich weiß, dass es die Wahrheit ist, werde ich nicht davon abrücken. Seid ihr also bereit?

Okay. Die Wahrheit ist… Wie jetzt?… Ich soll nicht mehr?!?… Wieso, verdammt!?… Aber Du sagtest… Scheiß Spiel!… Das lasse ich nicht zu!… Nein, auf keinen Fall… Ich sage jetzt die Wahrheit!!… Fuck!… Wieso soll das plötzlich nicht mehr die Wahrheit sein??… Verarschen kann ich mich selbst!… Noch nicht der richtige Zeitpunkt?…

Entschuldigt. Wir verschieben das. Ich kenne mich nicht mehr aus. Gott und Teufel. Sie lassen mich im Regen stehen mit der Wahrheit. Kalt abserviert. Bestimmt Methode. Passt nur auf – ich bin sicher nicht der einzige, den sie linkten und noch linken werden. Dabei erschien es mir echt plausibel: Die Welt ist die Hölle, und wir verdienen es, hier zu sein…

Adressänderung

Für alle, die`s interessiert – ich weiß, das sind nicht viele -, aber der Ordnung halber will ich hier meine neue Anschrift mitteilen. In Zukunft, d.h. für alle Zeiten, werde ich in der Paulusstraße 20b erreichbar sein. E-Mail-Adresse und Telefonnummer sind noch in der Mache, schließlich bin ich frisch eingezogen. Anscheinend geht`s hier auch nicht schneller als in Berlin. Man muss sich mal den riesigen Verwaltungsaufwand vorstellen: ca. 200.000 Menschen sterben jeden Tag, und davon kommt immerhin etwas über die Hälfte in den Himmel, wurde mir jedenfalls an der Pforte gesagt. Und ich dachte, dass es einen Überhang in der Hölle geben müsste… So kann man sich irren. Jedenfalls hatte ich wohl riesiges Glück. Man hielt mir meine vielen Jahre als Altenpfleger zugute. In dieser Zeit sammelte ich mehr Punkte, als mir zu Lebzeiten bewusst war. Darum schaffte ich es knapp in den Himmel, in ein 1-Zimmer Appartement, das in einem Wohnblock liegt, wo ich eigentlich zu Lebzeiten nie hinwollte. Zu mehr reichte aber meine Punktzahl nicht. Meine Nachbarn sagen fast alle übereinstimmend: „Immerhin sind wir im Himmel!“ Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob ich darüber glücklich sein soll. Die machen sich wahrscheinlich was vor. Aber gut, mal abwarten, vielleicht wird`s noch besser.
In der ersten Etage wohnt Karl, der Hausmeister. Er sah mir gleich an, dass ich mit der Situation nicht besonders glücklich war.
„Hör mal, Kumpel“, sagte er mir, „ich habe es auch gerade so geschafft. Fälschlicherweise hatten sie mich in den Fahrstuhl runter zur Hölle gesteckt…“
„Echt?“ fragte ich ungläubig.
Karl rückte mir auf den Pelz. „In der Hölle macht es für unsereins keinen Unterschied zum Himmel“, flüsterte er mir ins Ohr.
„Ist nicht wahr.“
„Doch, doch! Die haben dort für diejenigen, die nur so ganz knapp in der Hölle landen, dieselben fuckin` Appartements. Kein Unterschied – wenn ich`s dir sage!“
„Offenbar muss man also ein Heiliger oder ein echter Verbrecher sein…“, erwiderte ich säuerlich, „irgendwas lief schief in meinem Leben.“
Karl grinste breit. Er schien mit seinem Hausmeisterjob glücklich zu sein, den er als Wiedergutmachung erhielt, da man ihn dummerweise erst in die Hölle geschickt hatte. Na ja, vielleicht nur ein Schwätzer.
Ich werde mich einleben müssen, egal ob Himmel oder Hölle. Wenigstens ein moralisch sauberes Feeling hier, – auch wenn ich mir den Himmel anders vorgestellt hatte als einen Marzahn-Plattenbau. Nein, Einsamkeit ist keine Frage des Ortes…
Entschuldigt, ich will nicht larmoyant rüberkommen. Es ist vorbei. Oder anders gesagt: Ich hab`s gepackt.

Allen, die an mich ab und zu denken (ich weiß, das sind nicht viele), wünsche ich ein schönes Restleben. Und wenn`s euch auch hierher verschlagen sollte, würde ich mich über einen Besuch freuen. Wie gesagt: Paulusstraße 20b – bis dahin habe ich bestimmt ein Namensschild.