Womit ich wiedermal bei der Frage wäre, ob Ehrlichkeit immer das Beste ist

Oder: Wo macht Ehrlichkeit Sinn, und in welchen Situationen sind Lügen oder das Vorenthalten von Information sogar angebracht/hilfreich (ohne deswegen Gewissensbisse zu bekommen)?

Ich weiß nicht, wie oft ich in meinem Leben log oder etwas verheimlichte. Ich weiß nur, dass dies bei mir jedes Mal ein Gefühl des Unbehagens auslöste. Sogar die sogenannten Notlügen, mithilfe derer man sich z.B. um eine Verabredung drückt, versetzen mir einen kleinen Stich in die Brust. Nichtdestotrotz log ich mich wie wahrscheinlich jeder andere durchs Leben. Als Egoisten, die wir Menschen in aller Regel sind, wollen wir uns gut darstellen bzw. das Beste für uns rausholen. Stellt sich die Frage, wie weit der Einzelne dabei geht.

Wenn wir auf Partnersuche sind, rücken wir unsere positiven Seiten in den Vordergrund und verschweigen weitgehend das Negative. Bei der Jobsuche oder dem Vorstellungsgespräch dasselbe, was ziemlich einsichtig erscheint… und gesellschaftlicher Usus sein dürfte. Intelligent, wie wir sind, geben wir wohldosiert ein paar Fehler/Schwächen zu, um beim Gegenüber authentisch und ehrlich rüberzukommen. Jeder kennt diese Spielchen. Alles Taktik.
Vorsicht vor Menschen, die ihre Ehrlichkeit besonders betonen!

Trotz aller nachvollziehbarer Rechtfertigungen zu lügen, mag ich Lügen nicht. Und noch mieser finde ich den Betrug durch das Verschweigen relevanter Tatsachen, weil meiner Meinung nach heimtückischer. Eine Lüge kann ich durch etwas Grips-Arbeit entlarven, aber wenn ich völlig im Dunkeln gelassen werde… tja.
Ich will gar nicht wissen, was uns Normalos alles vorenthalten wird. Echten investigativen Journalismus gibt es kaum noch. Wer den Mächtigen und ihren Geheimnissen zu nahekommt, muss sich warm anziehen oder gar um sein Leben fürchten.

Viele Menschen lügen oder schweigen, weil sie Angst vor Repressalien haben, sich schützen wollen. Viele lügen oder schweigen, weil sie sich dadurch Vorteile erhoffen, also ganz normales Arschlochverhalten. Wir sehen es im Großen wie im Kleinen. Wir leben inmitten eines Dschungels der Täuschungen und des Betruges. Ich wollte nie lügen… doch es kam der Tag, an dem ich es lernte und meine Unschuld/Naivität verlor.

(Bleibt die Frage, ob Ehrlichkeit überhaupt Sinn macht.)

Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin

Wenn ich mein Leben schon wegwerfe, dann doch bitte auf meine Rechnung mit Alkohol oder Drogen. Ich kann jeden verstehen, der beide Beine in die Hand nimmt, um nicht in einem mörderischen Krieg verheizt zu werden… für irgendwelche dubiosen Machthaber, die von Vaterland und Patriotismus salbadern, um das Volk bei der Stange zu halten…, dabei geht es diesen Schwätzern hauptsächlich um ihren eigenen Machterhalt.
Warum machen nur immer wieder so viele mit? Warum lassen sich so viele Menschen vor den Karren der Mächtigen spannen? Solche Fragen quälen mich regelmäßig. Zeitlos aktuell bleibt der Slogan der Friedensbewegung „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“ (- eine wunderbare Utopie, oder nicht?) Als überzeugter Kriegsdienstverweigerer gehöre ich zu jenen, die nicht hingehen. Dabei geht es nicht allein um die Angst, im Krieg mein Leben zu verlieren… Ich will nicht zum Mörder werden (- schließlich hat man ein Gewissen). In jedem Krieg geschehen tausendfacher Mord und unfassbare Gräuel. Heutzutage verschleiert man die Kriege, indem man sie nicht mehr Kriege nennt. Man redet von Spezialoperationen oder Terrorbekämpfungen oder man verteidigt die Freiheit (wo auch immer und gegen wen auch immer). Welch Heuchelei!

Ich leistete lieber den sogenannten Ersatzdienst im Altenheim und landete, was ich mir nicht vorstellen konnte, in einer anderen Art Schützengraben…, wo täglich gestorben und gelitten wird, wo gute Menschen verheizt werden, mit ihren traumatischen Erlebnissen alleine gelassen werden, wo gelogen wird, dass sich die Balken biegen, wo Abstumpfung zur Notwendigkeit wird, wo Kritik nur hinter vorgehaltener Hand möglich ist… Ich befand mich fast 30 Jahre in einem Krieg in der Mitte unserer Gesellschaft, von vielen unbemerkt, von vielen ignoriert, von vielen peinlich berührt wahrgenommen, von den üblichen Schwätzern begleitet, die stets Verbesserungen versprechen.

Vielleicht sind Kriege, wie sie unübersehbar schrecklich und tödlich von Menschen gegen Menschen seit Jahrtausenden geführt werden, nichts anderes als ein grausiges Abbild innerer Kriege, die ständig ablaufen. Das Innere kehrt sich nach außen und zeigt die hässliche Fratze des Menschen. Oder ich bemühe das Bild des Vulkans, wo der Druck im Innern der Erde früher oder später einen Weg nach draußen finden muss, dann mit vernichtenden Auswirkungen.

„Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“ – Die Welt braucht Menschen und keine Schwätzer. Die Welt braucht Ehrlichkeit und keine Heuchelei. Die Welt braucht Entspannung und Liebe, nicht Druck und Hass. Die Welt braucht Menschen, die ihre Waffen niederlegen und sich umarmen.

Wer seid ihr?

Mir sind die offensichtlich Irren lieber als jene, die uns Vernunft vorspiegeln.
Mir sind die Menschen lieber, die ehrlich Scheiße reden. Heuchler sind mir zuwider.
Auch Opportunisten sind mir zuwider. Es ist nicht wegen der Feigheit. Es ist die Verleugnung von Feigheit, die mich die Nase rümpfen lässt. Es ist die Verlogenheit, die ich anprangere.
Auch die Schweigenden müssen sich irgendwann ihrem Gewissen stellen. Es lässt sich nichts totschweigen.
Ich mag offene Menschen. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der sich niemand schämen und verstecken muss. Niemand sollte Angst vor anderen Menschen haben. Ich will keinen Mitmenschen als Feind. Ich will verstehen. Ich will voller Wohlwollen auf meine Mitmenschen schauen.

 

Wie kurz sind die Beine der Lügner?

„Lügen haben kurze Beine“, sagt der Volksmund. Ich erinnere mich daran, dass ich in diesem Sinne erzogen wurde. Aus mir heraus fühlte ich mich im frühen Kindesalter stets der Wahrheit verpflichtet – „Kindermund tut Wahrheit kund“ sagt ein anderes Sprichwort. Nach und nach entdeckte ich allerdings, dass die Erwachsenen, die uns Kindern das Lügen strikt untersagten, es mit der Wahrheit selbst nicht so genau nahmen – als hätte man als Erwachsener einen Freischein zum Lügen. Trotzdem blieb ich dem Prinzip Ehrlichkeit noch bis nach meiner Einschulung treu…, bis ich endgültig im Dschungel des Lebens ankam, wo Täuschung und Lüge als nützliche, gar lebensnotwendige Strategien gelten. Schmerzhaft erinnere ich mich an meine allererste Lüge – was für ein Selbstverrat! Und wie das so ist: Wenn der Damm erstmal gebrochen ist… Doch das Lügen fiel mir immer schwer und bereitete mir Gewissensbisse.
Manchmal wird mir in Diskussionen Naivität unterstellt. Bin ich naiv, weil ich vom Prinzip Ehrlichkeit nicht ablassen kann? (Womöglich bin ich als Träumer/Idealist nie wirklich im Dschungel angekommen.) Aber irgendwer muss vor mir diese Idee auch schon gehabt haben… Wenn man im Sinne von „Lügen haben kurze Beine“ erzogen wird, damals und wahrscheinlich noch heute, muss dies über viele Generationen hinweg als ein hehres Prinzip gegolten haben (- warum nur?)… Und ich halte daran fest, dass man nur mit Ehrlichkeit gesellschaftliche Missstände effektiv verbessern kann.
Leider stößt man mit derart Ansinnen immer wieder auf Festungen der Doppelmoral in Politik und Institutionen. Als altgedienter Ex-Altenpfleger kann ich ein Lied davon singen, wie der „Pflegemissstand“ über Jahrzehnte durch eine fehlende Bereitschaft zur konsequenten Ehrlichkeit bei den Verantwortlichen verschleppt wurde. Und so ist es nicht nur in der Pflege, sondern systemisch in unserer gesamten Gesellschaft. Man lügt sich lieber in die Tasche, als sich unangenehmen Wahrheiten zu stellen. Am besten wird alles derart verschleiert, dass niemand mehr durchblickt, am Ende nicht mal mehr jene, die den Mist verzapften. Wir lügen uns die Lüge wahr. Der Meinungsfaschismus im Corona-Wunderland zeigt es aktuell. Wie Hannah Arendt sagte: Das Wahrlügen ist die teuflischste/perfideste Art des Lügens.

      

Herr Scholz, ich kündige!

Mit meinem Arbeitgeber habe ich einen Vertrag. Ich stelle ihm meine Arbeitskraft in einem gewissen Zeitrahmen zur Verfügung und werde dafür entlohnt. Ich frage mich, welchen Vertrag ich mit Vater Staat einging, dass er sich erlaubt, meine Grund- und Menschenrechte mit Füßen zu treten. Von den nicht gerade geringen steuerlichen Abgaben, die sich der liebe Staat monatlich, ohne mich zu fragen, einverleibt, ganz zu schweigen. Auch über die 20 Monate Zivildienst, die ich damals als Wehrdienstverweigerer ableisten musste, will ich kein Wort verlieren. Oder nehmen wir die Personalausweispflicht – warum muss ich für den Ausweis in die Tasche greifen? Schließlich noch die nicht unerheblichen GEZ-Gebühren, welche ich für die Propaganda-Sender der Regierung löhnen muss… Okay, Schwamm drüber. Ich bin ein netter Mensch. Und solidarisch wie Sau. Echt. Ansonsten hätte ich mich kaum so lange (30 Jahre) als unterbezahlte Arschwischmaschine verdingt. Ich tat es für die Alten und die Vergessenen. „Das könnte ich nicht“, hörte ich allerorts, wenn ich von meiner Arbeit erzählte. Nach tausend Versprechen von Politikern, etwas gegen den Pflegenotstand zu tun, aber nichts wirklich passierte (wahrscheinlich wartete man auf den optimalen Pflegeroboter), wurde mir nur noch übel, wenn ich sie reden hörte… Ich konnte und wollte nicht mehr – nur gut, dass ich die Altenpflege vor Corona an den Nagel hängte. Es ist unerträglich, in welche Gewissensnöte meine alten Kolleginnen und Kollegen durch die beschlossene einrichtungsbezogene Impfpflicht kommen, wie diejenigen an den Pranger gestellt werden, die sich aus persönlichen (wahrscheinlich) guten Gründen diesem Eingriff verweigern. Was bildet sich Vater Staat eigentlich ein?! Empfinden diese Leute, die solcherlei Gesetzte und Maßnahmen verabschieden, keinerlei Scham? … Okay, ich weiß, es war naiv von mir zu denken, dass sie nicht so weit gehen. Der Diskurs wurde von Anfang an im Keim erstickt, die regierungs- und maßnahmenkritischen Stimmen öffentlich diskreditiert.
Ich muss in meinen alten Unterlagen nach dem Vertrag suchen, den ich mit Vater Staat einging. Seit 59 Jahren bin ich braver Bürger Deutschlands, fiel kaum auf, blieb erstmal stehen, wenn die Ampel Rot anzeigte, zahlte meine Strafzettel und haute keine Polizisten…
Der neue Bundeskanzler erklärte vor kurzem: „Für meine Regierung gibt es keine roten Linien mehr“ – Und ich antworte: „Sehr geehrter Herr Scholz, meine rote Linie wurde durch die Regierungspolitik längst überschritten – Ich kündige!“

  

Gespräch unter Brüdern

Wenn du die Welt zum Guten verändern willst, musst du selbst aktiv werden, dich politisch oder gesellschaftlich engagieren.
Meinst du, das wüsste ich nicht? Wie soll ich aber in einer Welt, wo Geld und Macht bestimmend sind, in eine Position gelangen, in der ich wirklich etwas bewirken kann?
Indem du schon dort etwas veränderst, wo du lebst. Du kannst bei dir anfangen. Und schließlich als Vorbild für deine Mitmenschen wirken.
Bitte sei realistisch! Wie viele Menschen haben in diesem Sinne das Zeug dazu, Heilige zu werden? Ich sicher nicht.
Niemand muss zum Heiligen werden. Fange z.B. einfach mal mit vegetarischer Ernährung an, trinke weniger Alkohol und begegne deinen Mitmenschen mit Freundlichkeit und Toleranz, statt mit Missmut.
Unmöglich!
Aber warum? Versuche es…
Nö. Ich will eigentlich so bleiben, wie ich bin.
Aber die anderen sollen sich verändern?
Okay, du hast mich erwischt. Wie kann ich von anderen Menschen eine Veränderung verlangen, wenn ich selbst nicht bereit bin, mich zu verändern… Klar wie Kloßbrühe das.
Eben. Darum geht`s. Aufeinander zugehen. Nicht immer die Gegenseite in die Pflicht nehmen. Bewege dich und erwarte nicht nur die Bewegung bei deinem Mitmenschen. Das sind gute alte Weisheiten.
Die aber nicht viel Erfolg zeitigten, wenn ich mir die Menschheitsgeschichte so anschaue. Oder?
Ja, der Mensch ist in der Tat ein schwieriger Fall. Aber deswegen die Hoffnung aufgeben? Damit verschlimmern wir nur alles, weil wir denen in die Karten spielen, die unsere Welt unmenschlich machen wollen.
Trotzdem. Diese Aasgeier werden immer obenauf sein. Die können wir mit einem Furz Gutmenschentum nicht zu Fall bringen. Die selbstgefälligen Krösusse in den Schaltzentralen der Macht, egal ob in Wirtschaft oder Politik, kriegen wir niemals klein.
Vielleicht geht es gar nicht darum, sie zu Fall zu bringen, sondern die Welt einfach dort, wo man ist, ein klein bisschen besser zu machen.
Aha! Ich soll mich also weiterhin ducken und muss meinen Unmut über die Zustände runterschlucken?! Soll ich mit meiner Meinung hinterm Berg halten bei Missständen, wie ich sie z.B. damals als Altenpfleger erlebte? Und dabei ging es nicht um weitentfernte Dinge, sondern um Geschichten, an denen ich unmittelbar beteiligt war. Selbst dort fühlte ich mich ohnmächtig. Vielleicht war ich auch einfach zu schwach…
Ich sagte nicht, dass es leicht ist.
Danke. Super. Ich bleibe mal beim Beispiel Altenpflege, weil ich glaube, mich da ein wenig auszukennen…, also in Bezug auf die letzten ca. 30 Jahre und die ganzen Diskussionen um Pflegenotstand und Missstände in der Pflege in dieser Zeit… Moment, ich muss mal kurz Luft holen!
Nein. Entschuldige. Das Thema habe ich eigentlich beerdigt. Weißt du, warum? Weil ich kotzen muss, wenn ich daran denke!!
Das tut mir leid. Ich bin sicher, dass du ein guter Altenpfleger warst.
Wie bitte?!? Ich war ein scheiß Altenpfleger. Ich konnte nichts an den Verhältnissen ändern. Stattdessen machte ich jahrelang mit. Jawohl, ich war ein Mitläufer, ähnlich wie viele Menschen im Dritten Reich, die zwar Kacke fanden, was die Nazis machten, aber nie offen aufbegehrten. Kann ich ihnen auch nicht verdenken bei dem, was sie erwartet hätte. Und was hätte mich erwartet, wenn ich damals die schlimmen Sachen, die ich miterlebte, nach Außen getragen hätte? Es hätte mich (nur) meinen Job gekostet… Ich soll ein guter Altenpfleger gewesen sein?
Du wolltest dort etwas bewirken, wo du warst. Du wolltest von innen heraus etwas ändern. Bestimmt mochten dich die Alten.
Ich war zu schwach. Ich machte mich mitschuldig. Lassen wir das Thema.
Wir Menschen müssen schlimme Dinge erleben, um innerlich zu reifen. Ich habe Respekt vor dem, was du als Altenpfleger geleistet hast. Viele Menschen würden den Hut vor dir ziehen.
HA-HA. Entschuldige, dass ich laut lachen muss.
Du bist verbittert.
Gut möglich.
Vielleicht kann dir Gott Trost geben.
Gott?
Ja, Jesus Christus, sein Sohn, der für uns am Kreuz starb und uns unsere Sünden vergab.
Ist das dein Ernst?
Mein Bruder, du bist zurzeit einsam, quälst dich mit Selbstvorwürfen und hast kein wirkliches Zuhause mehr… Gott hat immer ein offenes Ohr für dich. Du kannst ihm alles sagen. Und unsere Gemeinde wird dich voller Güte in die Arme schließen.
Scheiße. Ich glaube, wir beenden an diesem Punkt besser das Gespräch. Ich komme schon klar. Ich habe nichts gegen Gott und Jesus. Aber…, sei mir bitte nicht böse, ich gehe lieber in den Puff oder in die Kneipe als in die Kirche. Ich brauche nichts als die Wahrheit, und die sehe ich Tag für Tag auf der Straße. Und, wie`s aussieht, ist die Wahrheit verdammt hässlich, aber das macht nichts. Das habe ich nun erkannt. Danke… – danke fürs Gespräch.
Gott ist mir dir, Bruder.