Samstagnachmittag in der Kupferkanne

Marokko erkämpfte sich gegen Portugal ein 1:0 und zieht ins Halbfinale ein. Stimmung wollte keine echte aufkommen. Nur wenige Gäste verfolgten das Spiel. Ich saß einigermaßen verloren an der Bar.  Die Portugiesen blieben hinter ihren Erwartungen zurück. Der Schankraum war düster und rauchverhangen. Wann sah ich das letzte Mal die Sonne? Ganz Berlin liegt seit Tagen unter einer Dunstglocke. Der Superstar Christiano Ronaldo schaute ziemlich betreten drein. Ich wollte mich für die Marokkaner freuen, aber die Lethargie hielt mich fest mit sanftem Säufergriff.

Macht euch locker

Heute startet die so sehr in der öffentlichen Kritik stehende Fußball-WM in Katar.
Noch immer warte ich auf meinen normalerweise alljährlichen Katarrh der Atemwege. Den letzten hatte ich Ende 2019.
Ich werde mir bestimmt das ein oder andere Spiel der WM anschauen.

(Hatschiiiiiii! – Schneuz! – Ich schätze, das ist der Hausstaub… Entschuldigung.)

Wieso soll ich die WM durch Nichtgucken boykottieren? Viele reagieren meines Erachtens wie trotzige Kinder: „Gucke ich nicht! – Nein, ich gucke diese WM nicht!“ Der Suppenkasper lässt grüßen.
Wir Deutschen gefallen uns viel zu oft in der Rolle der Spaßbremse.  Okay, ich bin auch nicht gerade der große Gute-Laune-Verbreiter. Darum trinke ich gern Bier… um mich locker zu machen.
Nicht, dass ich was gegen moralische Einwände hätte. Aber: Schon vergessen, wohin Deutschland seine Waffen liefert? – Nur mal so als Nachdenkimpuls.

(Hatschiiiiiii! – Schneuz! – Ich schätze, das ist der Hausstaub… Enschuldigung.)

Unglaublich, was für ein Spaltpilz während der letzten Jahre um sich greift. Wir lassen uns in Geimpfte und Ungeimpfte spalten, in Richtigdenker und Querdenker, in Raucher und Nichtraucher, in verantwortlich Handelnde und Asoziale, in Ukrainefreunde und Russlandfreunde, in Weltretter und Klimaleugner, in WM-Boykotteure und WM-Gucker… und vieles mehr.
Macht euch mal locker, Leute. Ich beiße nicht. Ich bin ungeimpft, vor allem ungeimpft von Ideologie.

Ein Nachmittag im Zeichen des Fussballs

Als ich nach dem Samstags-Einkauf zum Bier in die Kupferkanne kam, wusste ich nicht, dass ein Knallerspiel bevorstand – Bayern München war im Olympiastadion zu Gast. Gabi bediente. Langsam füllte sich die Kneipe. Das Bier ging gut weg. Necip saß mit der Fernbedienung am anderen Ende der Theke. Es liefen 3 TV-Bildschirme. Ich blieb vorne an der Eingangstür, weil da die Luft noch am besten war, außerdem nahe dem Zapfhahn… Gabi konnte es kaum übersehen, wenn mein Glas einer neuen Füllung bedurfte. Eine Halbzeit wollte ich bleiben. Die Bayern würden sicher überlegen aufspielen und bald in Führung gehen. Aber wider Erwarten konnte Hertha ganz gut mithalten. Zwar gingen die Münchner noch vor der Pause in Führung, aber die Berliner blieben dran… ein echt spannendes kurzweiliges Spiel, kämpferisch mit vielen Torchancen und guten spielerischen Szenen. Also hängte ich die 2. Halbzeit dran. (Ich kann flexibel sein.) Am Schluss unterlag die Hertha 2:3, trotzdem konnte man der Mannschaft eine super Leistung bescheinigen. Schade, dass es nicht zum Unentschieden reichte.
Viele Gäste gingen. Sie waren nur zum Fußballgucken gekommen. Auch für mich wurde es Zeit. Also nicht, dass ich betrunken war… Sagen wir mal, ich hatte genug, was sich auch in der Rechnung widerspiegelte, die mir Gabi reichte.


das fast leere Pilsglas auf der Theke ist meins

2 – 1

Die Zeit schreitet unaufhörlich voran und kümmert sich nicht um mich. In meinem Leben passiert nicht viel. Ich hänge fest in der Tretmühle. In meiner Freizeit packt mich oft die Lethargie und ich halte mich vor dem Bildschirm am Leben. Immerhin darf ich mittlerweile (als Ungeimpfter) wieder mein Feierabendbier in der Kneipe oder im Biergarten genießen… Gestern wollte ich zur Kupferkanne. Auf dem Programm stand Fußball „Dortmund – Hertha“. Ein entscheidendes Spiel für die Hertha von wegen Klassenerhalt. Vorweg, ich bin kein Fußballfan – aber zum Zeit totschlagen…, zumal ich es genieße, ab und zu in Gesellschaft zu sitzen. In den meisten Berliner Kiezkneipen kommt man eh nicht um den Fußball herum. Ich mag diese althergebrachte Kneipenszene irgendwie, wo sich die einfachen Leute auf ein Bier treffen. Okay, da hocken jede Menge Scheintote (so langsam gehöre ich auch zu denen)… Aber inzwischen entdecken auch die jüngeren Generationen (hauptsächlich Studenten) diese alten Kneipen für sich, weil dort die Getränke noch relativ billig sind, weil der Wirt (meist) umgänglich ist und auf die Wünsche seiner Gäste eingeht, weil diese Kneipen Originalität/Nostalgie verströmen.
Also ich kam dann doch nicht mehr raus aus meiner Wohnhöhle und verbrachte den Nachmittag träge auf der Couch. Die Lust auf Gesellschaft war verpufft… Wozu rausgehen? fragte ich mich, ich habe doch alles hier, was ich brauche. Die Lethargie zog mich runter. Mal sehen, ob ich heute den Abflug schaffe. Wenigstens für 2-3 Stündchen. Park und Biergarten liegen quasi vor der Tür. Ein sonniger Sonntag wartet auf mich.
Wie ging eigentlich das Spiel für die Hertha aus? Ich googele das jetzt…

   

Die Bayern-Niederlage und der Fall Kimmich

Ich bin weder Bayern- noch Mönchengladbach-Fan. Dass Favoriten auch mal eine Klatsche bekommen, ist ganz nach meinem Geschmack. Meine Sympathie galt schon immer den Underdogs. Bayern wird die 0:5 Niederlage verkraften. Nagelsmann, der wegen einer Corona-Infektion zuhause bleiben musste, wird sich freilich totgeärgert haben…
Die sogenannten Impfdurchbrüche häufen sich. Und an allem sind die Ungeimpften schuld – im Fall des Ausscheidens der Bayern aus dem DFB-Pokal der Fußballer Kimmich, der wenige Tage zuvor in einem Interview freimütig äußerte, dass er noch nicht geimpft sei. Sogleich schmissen sich die Medien darauf. Es kam sogar in der Tagesschau. Unglaublich. Ein kerngesunder ungeimpfter Fußballspieler gerät ins Fadenkreuz, während der doppelgeimpfte Trainer wegen einer Corona-Infektion zuhause schmachtet. Welch Tragikomik.
Für Ungeimpfte heißt es in solch verrückten Zeiten Rückgrat zeigen. So gut es geht.

 

St. Pauli – Heidenheim, ein gutes Gespräch und das Huhn im Fahrradkorb

Kaum hatte ich mich gesetzt, fielen die Tore. Es lief St. Pauli gegen Heidenheim. Die Gäste grölten. St. Pauli zog in Toren davon. Die Mehrheit war offenbar für St. Pauli. Mir war`s wurscht. Ich hatte gar nicht daran gedacht, dass Samstagnachmittag im Pub Fußball lief. Ich wollte einfach nur für ein-zwei Stündchen rauskommen und vielleicht ein paar altbekannte Gesichter sehen. Die sah ich auch. Die Stammies saßen wie Vögel auf der Stange an der Theke. Eigentlich mein Lieblingsplatz, aber da hätte ich früher kommen müssen. Es blieb mir nur ein Platz eine Ebene tiefer. Thorsten bediente. Wir sahen uns ein gutes Jahr nicht mehr. Als er mir das Bier brachte, setzte er sich kurz dazu.
„Wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt?“
„Na ja, Corona, die Lockdowns, und im Sommer saß ich draußen.“
„Sonst alles okay?“
„Ja, was soll man zu dem Ganzen sagen… Zurzeit habe ich nur etwas Stress auf Arbeit.“
Thorsten begab sich wieder hinter die Theke, und ich glotzte auf den Bildschirm wie die anderen. St. Pauli war gut drauf, was der Stimmung im Gastraum zuträglich war… Mein zweites Bier war bereits in Arbeit, als 2 Ladies in elektrischen Rollstühlen mir gegenüber parkten. Natürlich hatte ich nichts dagegen. Keine Ahnung, wie ich ins Gespräch mit der jüngeren der Beiden kam. Ein Wort ergab das andere. Schnell stellte sich heraus, dass sie in Sachen Corona ähnlich wie ich tickte – wir hatten damit ein Gesprächsthema… Das Pub wurde indes immer voller. Der Lärmpegel stieg an, so dass ich mich zu der Lady im Rollstuhl vorbeugen musste, um sie zu verstehen. Ich war fürs Erste bedient. Genug Pub. Herzlich verabschiedete ich mich von den beiden Ladies und radelte Einkaufen. Am Eingang des Supermarkts begrüßte mich ein Huhn (ein echtes Huhn!), das im Lenkerkorb eines abgestellten Fahrrads ausharrte… Ich mag solche Tage.

 

Sommer, Fußball und Politik

Regenbänder ziehen seit Tagen über Stadt und Land. Der Sommer dümpelt vor sich hin. Die Homeoffice-Pflicht wurde aufgehoben. Die Büros füllen sich wieder. Die Stadien füllten sich im Zuge der EM. Frenetischer Jubel bei den Gewinnern, Tränen bei den Verlierern. In den Nachrichten immer noch Angstmache. Wehe, wenn die Delta-Variante zuschlägt. Die Impfkampagne erreicht zu wenige – mich übrigens auch nicht. Politik und Medien sollten sich an die indianische Weisheit halten „Wenn ein Pferd tot ist, dann steig ab“…
In 11 Wochen ist Bundestagswahl. Eine neue Regierung muss sich formen. Der Souverän wird an die Wahlurnen gerufen. Erstaunlich wenig an Wahlkampf ist im Gange. Als wäre das Ergebnis Schwarz-Grün bereits in Stein gemeißelt. Irgendwie will man das angeschlagene „Corona-Schiff“ hinüber in die nächste Legislaturperiode retten. Jetzt nur nicht das Wahlvolk durch inhaltliche Auseinandersetzungen verunsichern… Schließlich lauert der böse Wolf AfD nur auf Gelegenheiten, um Stimmen von den etablierten Parteien abzugreifen. Lieber weiter auf die bisherige Angst- und Schwarzweiß-Politik setzen. Unbequeme Wahrheiten dürfen nicht aufploppen. Kritiker werden geschasst oder isoliert. Die Taktik kennen wir auch im Fußball: Die führende Mannschaft mauert und verzögert den Spielablauf, um das Ergebnis bis Spielende zu halten. Man zittert sich zum Sieg. Nicht immer gewinnen die besseren. Der Frust kann groß sein.
Am Sonntag das EM-Endspiel „Italien – England“. Necip wird vor der Kupferkanne noch mal den Grill anwerfen. „Zum Abschluss der EM“, sagte er mir. Ich wünsche ihm Glück mit dem Wetter. Natürlich werde ich auch dort sein… zumindest am Nachmittag. Warum werden solche Top-Spiele eigentlich erst 21 Uhr angepfiffen?! Seit wann ist das so?

Summer in the city

Heute dürfen die deutschen EM-Mannen wieder ran und bei erneutem Heimvorteil gegen Portugal beweisen, was in ihnen steckt…, dass sie Biss haben! Schickt diesen Laffen Ronaldo in die Fußballwüste!
Am Nachmittag wird vor der Kupferkanne gegrillt – ein Kiez-Tipp! 18 Uhr das EM-Spiel. Ob ich bis dahin durchhalte? Alkohol und Hitze vertragen sich nicht gut. Nicht dass mein Kreislauf schlapp macht. Bin keine Zwanzig mehr.

Vor der Kupferkanne wird es voll werden.