Geht es nicht ohne Krieg?

Es gibt tatsächlich Menschen, die Krieg für unabdingbar halten. Darunter Wissenschaftler, Historiker. Seit unserer Sesshaftwerdung und der Inbesitznahme von Land müssen Zivilisationen auf kurz oder lang Krieg führen, sagen sie, um ihr Land zu verteidigen, um ihr Überleben oder den Wohlstand zu sichern. Man tötet seine Nachbarn und übernimmt deren Land und Güter. Krieg ist unlösbar mit der Historie von Zivilisationen verwoben. Ganz und gar friedliche Kulturen, falls es die jemals irgendwo gab, wurden sehr schnell ausgelöscht. Das Recht des Stärkeren setzte sich bis heute durch. Man meuchelt für die nationalen/industriellen Interessen, heuchelt zugleich Menschlichkeit. Doppelmoral und Lüge begleiten jeden Krieg. Friedensbewegungen werden als naiv abgetan. Wir müssen aufrüsten, um uns vor unseren aggressiven Nachbarn zu schützen! wird gerufen. Das Volk wird auf den Krieg eingestimmt. Natürlich geht es immer um einen gerechten Krieg. Der Feind ist böse, er ist ein Monster! Zu den Waffen, Bürger! Verteidigt eure Freiheit/Werte! Verteidigt euer Land! Verteidigt eure Kinder!
Statt auf Friedensverhandlungen zu setzen, werden Angst und Hass geschürt. Die Kriegspropaganda ist in vollem Gange. Indes das Land wird verwüstet. Viele tausend Menschen sterben. Jeden Tag mehrt sich das Leid.

Ich zweifle nicht an der Einsicht, dass Krieg sich wie ein roter Faden durch die Menschheitsgeschichte zieht. Womöglich eskalierten die Konflikte mit dem Sesshaftwerden…, mit der Herausbildung der ersten Stadtstaaten und Zivilisationen. Ich bin kein Historiker. Ich will aber nicht glauben, dass dieses Muster Krieg/Zerstörung und Wiederaufbau die Menschheit wie ein Fluch bis in alle Ewigkeit verfolgt. Wir können diese verhängnisvolle Gewalt-Spirale verlassen, wenn wir uns allesamt als Brüder sehen, wenn wir ehrlich zueinander sind und in unserem Bemühen für den Frieden nicht nachlassen. Bitte sage mir jetzt niemand, das sei naiv. Denn so kommen wir nicht weiter.
Wer von uns will schon Krieg? Wer sind die Bösen? Es sind nicht die Menschen jenseits der Grenze. Die sind auch nur Menschen wie du und ich. Ich glaube, ihr wisst ganz gut, wer die eigentlich Bösen sind… Sie sitzen in den Regierungen, sie sitzen im Management der Waffenindustrie. Sie handeln über unsere Köpfe hinweg. Sie freuen sich darüber, wenn wir ihren Lügen glauben. Sie brauchen uns…

        

Am Beckenrand

Jeder Mensch glaubt erstmal, dass es ganz normal ist, was er um sich herum wahrnimmt. Er stellt seine Existenz nicht in Frage. Warum auch? Sein Gehirn ist in der Hauptsache aufs Überleben und die Fortpflanzung ausgerichtet. Nun wäre der Mensch aber nicht Mensch, wenn er sich nicht darüber hinaus Gedanken machen würde. Die menschliche Kultur zeugt davon, dass wir es nicht beim Herumficken von Generation zu Generation beließen, sondern außerdem Religion, Philosophie und Naturwissenschaft entwickelten. Frag mich nicht, warum. Fluch und Segen können verdammt dicht beieinander liegen. Ich tendiere zum Fluch. Nein, es ist eindeutig ein Fluch… Die Vielzahl an Indizien, warum wir besser nicht zum Homo sapiens geworden wären, sind erdrückend. Ich will jetzt aber nicht ausholen. Viel zu klar liegt alles vor mir. Man lebt einige Jahrzehnte, beobachtet die Welt und zieht seine Schlüsse. Eigentlich ganz einfach.
Gestern begoss ich meinen Feierabend im Pub. Ich hatte eine mittelschwere Woche hinter mir. Ich musste mich durchbeißen. Von Tag zu Tag. Vom Morgen bis zum Abend. Ich hatte es satt, wie in einer Endlosschleife zu funktionieren. Wozu der ganze Dreck? Welcher Idiot hat das Schwimmbecken so tief gemacht, dass man keinen Grund unter den Füßen hat? Gut, ich hatte es wiedermal bis zum Beckenrand geschafft… Das Pils stand bereits vor mir auf der Theke. Der Wirt kennt mich. Ich finde es super, wie unsere nonverbale Kommunikation funktioniert. Einfach easy. Ab und zu wechseln wir aber doch ein paar Worte, d.h. er redet, und ich mache so, als ob ich zuhöre. Er hat nun mal diese Kneipe am Hals mit den immer selben Suffköppen an der Bar. Na wenn man da nicht auf Dauer was an der Waffel kriegt! Er gießt mir einen Korn ein und sagt: „Läuten wir das Wochenende ein!“ Natürlich trinkt er einen mit. „Danke“, grunze ich, „so ist das Leben.“
Neben mir sitzen noch ein paar andere Figuren. Sie berlinern, dass die Schwaden krachen. Ich verstehe nicht alles. Wenn sie lachen, grinse ich auch. Wir sitzen alle im selben Boot.
„… ein Betrunkener tastet sich an einer Litfaßsäule entlang, immer rundherum, und ruft: Wo ist denn hier die Tür??“ Alles lacht! Der Wirt kriegt sich fast nicht mehr ein. Lachtränen laufen ihm übers Gesicht. Auch mir gefällt das Bild des Betrunkenen, der um eine Litfaßsäule herumtorkelt und verzweifelt (nicht den Eingang, sondern) den Ausgang sucht. Richtig philosophisch finde ich das. Ganz stark. Und deswegen schrieb ich jetzt davon.