„Vatertag“
Feiertag
Frauentag
Frauentag! – Feiertag in Berlin!… Strahlend blauer Himmel – Sonnenschein!… Fehlt nur noch die Frau!
Im Rausch von Sonne, Bier und Lockerungen
Ein paar Flaschen Bier beim Nahkauf besorgt und einen Sonnenplatz im Nelly-Sachs-Park ergattert. Die Menschen strömten am frühen Nachmittag. Der Feiertag, das tolle Wetter, die Corona-Lockerungen bewirkten, dass man sich benahm, als gäbe es keine Gefahr für die Gesundheit, als wäre das Virus ein schlechter Witz. Im Nelly-Sachs-Park war es verhältnismäßig ruhig, auch wenn der Spielplatz wieder geöffnet hatte. Ich chillte ein gutes Stündchen in der Sonne mit meiner Lieblingsmusik in den Ohren. Dann drückte die Blase, und ich legte eine Toilettenpause zuhause ein. Weiter ging es durch den Kiez, vorbei an Puschels Pub, wo sich freilich noch nichts getan hatte. In einem dortigen Nahkauf für Getränkenachschub gesorgt und zum Park am Gleisdreieck geradelt. Dass ich dort auf größere Menschenmengen treffen würde, war mir klar, aber was ich dann sah, übertraf meine Vorstellung bei weitem. Ich kam nur im Schritttempo voran, weil kreuz und quer Kinder umhersprangen, Spaziergänger in Gruppen unterwegs waren, Spielbälle umherrollten und flogen, Freizeitsportler joggten und skateten… ein Tohuwabohu an Menschen auf den Wiesen und Wegen. Normalerweise kein Platz für mich. Allerdings war ich über das Bild, das sich mir darbot, derart erstaunt, dass ich nicht anders konnte, als mich an dieser obskuren Szenerie in Corona-Zeiten sattzusehen. Ich traute meinen Augen nicht. Es hätte ein riesiges Polizeiaufgebot gebraucht, um die Menschen zu vertreiben. Und das wäre sicher in Gerangel und Gewalt eskaliert. Wahrscheinlich ganz bewusst zeigte sich nicht eine einzige Polizeistreife. Ich erspähte lediglich einige Park-Ordner, die Fotos machten. Hier konnte man exemplarisch beobachten, wie wir uns vom Verhalten unserer Mitmenschen anstecken lassen. Warum so eine blöde Maske tragen? – die anderen machen es doch auch nicht. Wozu Abstand halten? – hier hält doch niemand Abstand. Ein Schlag ins Gesicht für die vielen Gastronomen, die immer noch unter den Corona-Einschränkungen darben. Alle Regeln wurden über den Haufen geworfen. Lass mich doch mit diesem Corona-Virus in Ruhe… Ich selbst bin zwiegespalten. Wie ernst muss man Covid-19 nehmen? Heute Morgen las ich in einem Artikel, dass die Sterblichkeit in Deutschland im Vergleich zu den Vorjahren aufgrund Corona um 11% anstieg (betr. die letzte Woche im April, für die Daten vorliegen). Das ist nicht von Pappe. Sie sprechen von einer Übersterblichkeit. Kann man alle Zahlen einfach wegwischen? Oder verdrehen?
Die Regierung beugte sich dem Druck aus Öffentlichkeit und Wirtschaft. Möglicherweise wird sich das rächen. Wenn man als Kutscher die Zügel zu sehr lockert, gehen die Pferde durch. Ich schaue gespannt auf die nächsten Zahlen.
Park am Gleisdreieck
mein Reisefahrrad
Kaninchen im Gestrüpp
Wechsel
Damit ich nicht ständig an den Verlust denke, stelle ich mir vor, dass das Rad in Reparatur ist. Und wenn ich es dann abhole, wird es wie neu sein… Ich hörte von Prominenten, die bei verlustig gegangenen Frauen ähnlich vorgehen. Aktuell Herr Neuer, seines Zeichens Torwart der Deutschen Nationalelf. Also, ich versteh`s. Ich meine, wenn ich er wäre… Aber da ich ich bin, gestaltet sich der Wechsel zu einer neuen Freundin leicht schwieriger bzw. langwieriger. Beim verlorenen Fahrrad sollte es nun zügiger klappen. Ich vermisse es total. Zu schönen Dingen, die ich täglich in Gebrauch habe, entwickele ich eine besondere Beziehung. Das Fahrrad war mehr als nur eine Sache für mich. Es hatte einen ideellen Wert. Was wir in den letzten zwei Jahren alles zusammen erlebten… Wenn ich den Spitzbuben erwische, der dich mir wegnahm – den mache ich platt!
Vorübergehend tröste ich mich mit meinem Reisefahrrad. Hatte ich eh vernachlässigt. Tut mir auch leid. Es ist vom Typ her ganz anders: größer und robuster, eben speziell für lange Touren mit viel Gepäck. Nicht so sehr der Blickfang wie das zierlich-elegante Brompton. Aber geil zu fahren – Kopfsteinpflaster und Bordsteinkanten kein Problem. Wie sieht`s heute mit dem Wetter aus? Ein Ausritt sollte drin sein. Dank auch dem einmaligen Feiertag in Berlin…
Aber es war ja Halloween
Ach ja, da war noch was. Nicht gerade ein Highlight, aber immerhin ein Kratzer auf der ansonsten eintönig grauen Oberfläche. Es betraf den 31.10.2018, der in Brandenburg Feiertag war (Reformationstag), doofer Weise in Berlin nicht. Urg. Dies fanden die Berliner Mitarbeiter unseres Unternehmens (zu denen ich auch gehöre) zurecht als ungerecht. Man muss dazu wissen, dass der Firmensitz in Brandenburg ist.
Unsere Oberchefin machte uns Berlinern darum ein Ausgleichs-Angebot: Wer wolle, könne am 31.10. (also letzten Mittwoch) ab 12 Uhr mittags an sogenannten teambildenden Maßnahmen teilnehmen. Was wir damit machten, überließ sie uns. Immerhin. Wir könnten z.B. in ein Café gehen…
Unsere regionale Chefin bestimmte dann allerdings, dass wir die „teambildenden Maßnahmen“ im Konferenzraum unserer Arbeitsstelle wahrnahmen. Fast alle waren dabei (einzige Ausnahme meine Bürokollegin). Der Nachmittag wurde mit Fresserei und Gesellschaftsspielen ausgefüllt. Ziemlich gruselig – für einen sensiblen Menschen wie mich (aber es war ja Halloween). Ich hielt durch. Was blieb mir anderes übrig? Ich klammerte mich an meine Kaffeetasse…
Gegen 15 Uhr 30 löste sich die gespenstische Veranstaltung auf. Unsere Chefin hätte nun Gnade vor Recht ergehen lassen und sagen können: „Ich wünsche Ihnen einen schönen Feierabend…“ Doch niente! Soviel Arsch hatte sie nicht in der Hose. Wir kehrten also zu unseren Arbeitsplätzen zurück… Aber kaum einer hatte Lust, nochmal seinen Computer hochzufahren. Fast alle gingen. Da wir Gleitzeit haben, ist das möglich. Einige von uns verzeichneten darum an diesem Tag ein Minus auf ihrem Arbeitszeitnachweis. Ich auch. Ätzend.
Verarschen kann ich mich selbst (aber es war ja Halloween).