Angehalten

Es ist nicht wahr, dass ich mich gänzlich fremd in der Welt fühle. Ich werde vor allem von der materialistisch-kapitalistischen Orientierung abgestoßen sowie der damit zusammenhängenden Leistungsgesellschaft und Weltanschauung. In unserer Gesellschaft regieren Druck, Angst und Manipulation. Schon immer finde ich es rätselhaft, dass sich Menschen in dieses (unmenschliche) Schema/System unkritisch und bedingungslos einordnen, als wäre es von Gott gegeben oder ein Naturgesetz. Warum reflektieren sie so wenig ihre Rolle auf der Welt? Schlicht gesagt geht es vielen Menschen nur um die Aufrechterhaltung einer Fassade, bestehend aus Status und Wohlstand. Möglicherweise gewürzt mit einer Brise Esoterik und Bio. Ihre Denkwelt klebt mechanistisch an der Oberfläche. Einige spüren, dass mit ihrer Welt etwas nicht stimmt, bezahlen eine Menge Geld für Seminare (man glaubt nicht, was in Hinsicht auf Heilkunst, Stressbewältigung, Ernährung etc. alles angeboten wird – sehr oft geheimnisvoll (exotisch) verschleiert) und kehren kein bisschen weiser in den Moloch ihres Alltags zurück. Aber gut, viele wollen an den Humbug glauben wie im Märchen vom König mit den unsichtbaren Kleidern. Drum blüht der geistige Fastfood-Markt. Wir Menschen sind schon seltsame Tiere.
Ich kann durchaus unterscheiden zwischen der Welt, in der ich mich fremd und unwohl fühle und jener Welt, die sich mit mir im Einklang befindet. Diese spiegelt sich in meinen Lieblingsautoren wider, in progressiver (zeitloser) Kunst und Musik, in kritischen Geistern wie dem erst kürzlich für mich entdeckten Philosophen Jochen Kirchhoff und allen meinem Gefühl nach herzensguten Menschen. Ich schätze ganz allgemein Menschen, die sich offen, tolerant und wohlwollend zeigen, ganz egal, wo sie herkommen, welche Hautfarbe sie haben, und ob sie an Gott glauben oder nicht. Bestimmt laufen in Berlin einige Individuen herum, mit denen ich gut könnte… Was auch immer. Ach ja, ohne Humor geht natürlich gar nichts. Besonders Selbstironie. Menschen, die nicht über sich lachen können, sind mir nicht geheuer.
Heute Morgen surfte ich wieder mal noch im Bett liegend auf YouTube und stieß erneut auf einen interessanten Zeitgenossen: Erwin Thoma. Er schilderte im Vortrag (siehe unten) sehr lebendig und autobiografisch sein Verhältnis zur Natur, insbesondere der Bäume, des Waldes, des Rohstoffs Holz, und seiner sich daraus entwickelten Weltanschauung im Diskurs zur Wachstumshybris der Weltwirtschaft. Also, mich musste er nicht überzeugen. Ein toller Typ!

 

 

Büsum

Büsum gefiel mir nicht. In der kleinen Innenstadt herrschte Gedränge. Die Lokale waren brechend voll. An allen Ecken schoben sich die Menschen Fastfood und anderen Mist rein. Danach sahen die meisten auch aus. So viele hässliche Menschen auf einem Fleck sah ich zuletzt… auf dem Alexanderplatz. Ich fühlte mich an eine dumme blökende Schafherde erinnert. Die Schafe taten den ganzen Tag nichts anderes als fressen und scheißen. Aber den Schafen konnte man deswegen keinen Vorwurf machen, weil es eben Schafe sind. Mich schauderte bei der Betrachtung meiner Mitmenschen. Wahrscheinlich hatte mich die Einsamkeit auf meiner Reise übersensibilisiert. Nein, in Büsum wollte ich nicht länger als notwendig bleiben. Überall nur schwachsinniger Konsum. Auch die Stadt selbst gab nicht das beste Bild ab. In ihrem Herzen gerade eine Großbaustelle…
Da das Wetter zunehmend schlechter wurde, war ich am hin und her überlegen. Im Regen weiterzufahren, machte auch wenig Sinn. Ich beschloss, meine Entscheidung spontan zu fällen.
Nach St. Peter Ording waren es gerademal 40 Kilometer. Die sollte ich auch bei Gegenwind schaffen. Also machte ich mich mit einem nassen Zelt im Gepäck auf den Weg. Der Tag begann wolkenverhangen und düster. Nichts wie weg!

 

 

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