Das Leben allein ist hart.
Depression
Sich zu fragen, ob man glücklich ist, ist der beste Weg in eine Depression.
irgendeinem TV-Film entnommen
Brasko und das Lächeln der Freiheit (6)
Epilog
Die Staatsregierungen verfolgten eine Politik nach der Devise „Operation gelungen – Patient tot“. Selbst die westlichen Demokratien, welche die Einhaltung der Menschenrechte zu ihrem Aushängeschild gemacht hatten, verfielen in einen Aktionismus, der totalitäre Züge annahm. Die Bevölkerung wurde nach Lust und Laune drangsaliert: Demonstrationsverbot, Reiseverbot, Lockdowns, Ausgangssperren… Es gab unter den führenden Politikern einen regelrechten Wettbewerb darin, wer am härtesten durchgriff. Die Grundrechte der Bürger wurden ignoriert. In den Leitmedien Tag für Tag Regierungspropaganda bis zum Erbrechen: Angstmache und Hetze gegen jene, die sich nicht beugen wollten, die die Politik kritisierten. Wer den Mund zu weit aufmachte, wurde zur Persona non grata erklärt. Honorige Wissenschaftler, Ärzte, Journalisten und Kulturschaffende wurden aufgrund ihrer kritischen Äußerungen diskreditiert und mundtot gemacht. Das Narrativ der Herrschenden durfte nicht hinterfragt werden – es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Brasko gehörte schon immer zu jenen, die sich keinen Maulkorb verpassen ließen. Ein Freiheitskämpfer, der an vorderster Front gegen Unrecht, Polizeigewalt und Totalitarismus protestierte, war er aber nicht. Er lebte seit Jahren sehr zurückgezogen. Ohne es zu wollen, wurde er in diese gesellschaftspolitische Krise hineingezogen. Er dachte darüber nach, sich vom Acker zu machen. Aber wohin? Weltweit drehten die Regierungen durch. Vielleicht war es da oder dort noch nicht so schlimm mit der Gängelung der Bevölkerung – fragte sich nur, wie lange noch.
Die Situation war zum Haare raufen. Obwohl Brasko hart im Nehmen war, verfiel er manchmal in Depressionen über die Ausweglosigkeit. Freedom hatte doch „aufgetankt“ bei ihm – wo war sie? Er trug ihre Nachricht stets in seiner Brieftasche und kramte sie an tristen Tagen hervor… erinnerte sich ihres Lächeln.
Erschöpft
Ich befinde mich seit geraumer Zeit in einem Erschöpfungszustand. Die physischen Symptome sind Müdigkeit, Schwäche/Mattheit, Trägheit – die psychischen Symptome Antriebslosigkeit, Depression, Angst, Stumpfheit/innere Leere. Es ist wie durch Morast waten. Jeder Schritt ein Kraftakt, wo andere leichtfüßig daherkommen. Nun bin ich seit jeher eine eher schwermütige Seele und gewöhnte mich an die damit verbundenen Schwierigkeiten im sozialen Zusammenleben und an die Last im persönlichen Empfinden sowie im Geiste… Auch als unverbesserlicher Grübler und Zweifler war ich doch im Grunde dem Leben gegenüber immer positiv eingestellt. All die Lebensfreude, die ich erleben durfte, vor allem in der Liebe oder in anderen innigen sozialen Bindungen, ebenso meine Faszination am Mysterium Dasein/Leben/Universum halfen mir stets wieder auf die Beine. Man könnte fast sagen, dass ich die Lebenskunst beherrschte, mich am eigenen Schopfe aus dem Sumpf zu ziehen… with a little help from my friends. Diese kleine Hilfe soll man nicht unterschätzen, wie ich besonders in den letzten Jahren feststellen musste. Ein Leben alleine ist ungeheuer kräftezehrend, selbst wenn man wie ich eine ausgeprägte eigenbrötlerische Seite hat.
In der vergangenen Woche rebellierte mein Körper: Gliederschmerzen, Fieber… Kurz: Ich war platt! 36 Stunden lang verließ ich das Bett nur zum Pinkeln. Vielleicht hätte ich besser noch länger im Krankenstand verharren sollen, aber krank sein kann man nicht wirklich genießen, wenn da niemand ist, der sich sorgt und einen verwöhnt.
Es gibt Tage, an denen fühle ich mich leerer als der Putzeimer unter meiner Spüle
Absolut nutzlos.

…
Dead End
Krankheitsbedingt zuhause abhängen macht einen gefühlt noch kränker. Aber gestern stand mir gar nicht der Sinn danach rauszugehen, so fix und foxi fühlte ich mich. Nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Weltuntergangsstimmung trotz prallem Sonnenschein. Die ganze Welt schien in Frühlingsstimmung zu sein, während ich mir im Bett Filme und Serien aus der Mediathek reinzog, um mich von meinen trübsinnigen Gedanken abzulenken. Dabei stieß ich auf „Dead End“, sechs Folgen einer neuen Krimiserie, die in der beschaulich-öden Provinz Mittenwalde angesiedelt ist. Von Folge zu Folge gefiel sie mir besser. Es geht um eine junge Rechtsmedizinerin, die aus geheimnisvollen Gründen ihre FBI-Karriere in Amerika abbricht und zu ihrem alternden Pathologen-Papa zurückkehrt: Leicht skurril gestrickte Fälle, schwarzer Humor und sich entwickelnde Figuren (mit Luft nach oben). Traf ganz gut meinen Geschmack. Hoffentlich keine Eintagsfliege – ich freu mich auf eine 2. Staffel. Das Ende lässt zu viele Fragen offen.
Heute grinst die Sonne nochmal frech. Im März wird`s eher wieder mau – jahreszeitgemäß -, sagte der Wetterfrosch. Ich kann mir nicht vorstellen, noch einen ganzen Tag in der Bude zu verbringen. Also werde ich meinen Arsch irgendwann im Laufe des Tages hinaus vor die Tür bewegen. Wenigstens Wein muss ich nachkaufen. Vielleicht verbinde ich das ganze mit einem nachmittäglichen Kinobesuch. 16 Uhr läuft „Vice – Der zweite Mann“. Zum Zeittotschlagen sicher nicht schlecht.
Infekt
Ich wartete auf sie seit letztem Spätjahr. Als O. vor ein paar Tagen damit anfing, wusste ich, dass meine Zeit gekommen war. Nun husten und niesen wir im Duett. O. sollte das Gröbste bereits hinter sich haben, wenn sie nicht in die Verlängerung geht; und ich steuere auf den Zenit zu.
Als männliches Wesen leide ich selbstverständlich sehr ausgeprägt – schon deswegen, weil ich niemanden in seinem stereotypen Denken enttäuschen will. Ich fühle mich wie ein leibhaftiges Schleimmonster. Der Papierkorb ist gefüllt mit Tempotaschentüchern. Zur Linderung stehen die üblichen Mittelchen griffbereit. Die ersten Tage, bis sich der Infekt manifestiert hat, finde ich persönlich am schlimmsten. Da ich keine Mandeln mehr habe, kriege ich meist das ganze Paket: es beginnt mit Schnupfen und befällt dann Rachen und Bronchien. Ich feuere mein Immunsystem an, als wäre ich ein Trainer: „Jungs, wir liegen zurück, aber das Wort Niederlage kennen wir nicht! Ich weiß, dass ihr euren Job gut macht! Weiter so! Nicht nachlassen!“
Fresszellen, Killerzellen und T-Zellen antworten unisono: „Jawohl Trainer, mache dir keine Sorgen. Ist bloß `ne beschissene Erkältung. Die hat null Chance. Nimm dir einen prima Lesestoff vom Bücherregal und lege dich lang. In zwei-drei Tagen ist der Bär geschält.“
Die Jungs haben recht. Aber ich will mich nicht den ganzen Tag im Bett rumfläzen und Bukowski lesen. Bin jetzt schon den dritten Tag zuhause. Langsam fällt mir die Decke auf den Kopf. Gut, dass sich mein Arbeitsbeginn verzögerte. Ich kann mich in Ruhe auskurieren. Mit Mitte Fünfzig geht man besser kein Risiko mehr ein. Vor zwei Jahren verschleppte ich eine Erkältung, die ich aus Gran Canaria mitgebracht hatte. Wochenlang ärgerte ich mich mit einer Bronchitis herum. Man wird eben nicht jünger. Wenn die Dinge älter werden, benötigen sie ein Mehr an Pflege. Ich fühle mich ziemlich pflegebedürftig… mit meiner Matschbirne. Sollte mal Fieber messen. Immerhin bin ich solange von meinen depressiven Verstimmungen geheilt. Die physische Erkrankung hat der seelischen kurzfristig den Rang abgelaufen. Husten Sie sich die Depression von der Seele! Rotzen Sie sich ihr Unglücklich Sein aus dem Leib! Haaaaatschiiiiiii!!!
Ich lege mich besser hin.