Groovie

Immerhin wurde es am Nachmittag noch schön, d.h. die Sonne schien. War dann nur noch halbtrist im Park bei einer Flasche Cidre und meiner Lieblingsmusik im Ohr. Die Menschen stapelten sich auf den Wiesen und Wegen. Mir zu viel. Aber ich hatte genug intus, um la-la-la… Ich saß wie meist auf der Holztribüne vor einer größeren Sandfläche und schaute jungen Leuten bei einem Ballspiel zu. Sie schlugen per Schläger einen roten Gummiball hin und her. Tok – tok – tok – tok… machten sie ausgesprochen gut. Ein Flaschensammler, Marke deutscher Krautrocker + Althippie, setzte sich dazu, rauchte einen Joint und unterhielt sich mit denen, die vom Spiel pausierten. Sie kannten ihn schon. Nette Leute. Sprachen spanisch untereinander, konnten aber auch exzellent deutsch. Ich sah sie schon öfters spielen. Ein paar machen das richtig professionell. Bestimmt gibt es Wettbewerbe. Das Tok – tok – tok -tok verschwand, als ich meine Ohrhörer einsetzte und die Musik auf volle Lautstärke drehte. Yeah, it`s groovie, yeah-yeah – ich wippte im Takt der Musik mit dem Kopf und sah dem Ball zu, wie er von Schläger zu Schläger flitzte. Der Flaschensammler erhob sich und suchte die Holztribüne nach Pfandflaschen und Dosen ab. Viele reichten ihm unaufgefordert das Leergut. Da auf der Tribüne eine Menge Menschen herumsaßen, schätzungsweise über hundert, konnte er alle halbe Stunde einsammeln gehen. Danach zauberte er den nächsten Joint hervor und witzelte mit den jungen Leuten… Cooler Typ. Ich motzte den Cidre mit Wodka auf und ließ mich treiben. Zwischenzeitlich bekriegte ich mich mit den Wespen, die heiß auf den Cidre waren. Als ich die Flasche mit einer Stofftasche abdeckte, hatte ich Ruhe. Diese Stofftasche muss magische Kräfte besitzen. Ich habe sie schon viele Jahre lang. Sie ist nicht einfach eine Stofftasche. Ich bekam sie von einem besonderen Menschen. Vielleicht schreibe ich mal davon. Aber nicht heute – la-la-la…

 

Zimmer 7

Der Typ, der gerade diese Zeilen tippt, das bin nicht ich. Ich kann ihn beobachten, wie er das alles macht: morgens aufstehen, zur Arbeit gehen, mit den Bürohühnern quatschen, Einkaufen, im Pub Bier trinken…, aber das bin nicht ich. Nicht wirklich – es ist ein Programm, das abläuft. Aber was ist schon wirklich? Heute Morgen, als ich aufwachte, kam mir alles total unwirklich vor. Lebe ich in derselben Welt wie gestern? Oder kriege ich es nur suggeriert? Fuck! Mich beschleicht das unheimliche Gefühl, dass irgendwas mit der Welt grundlegend nicht stimmt, und niemand merkt was. Jedenfalls nicht ernsthaft. Vielleicht haben viele einen ähnlichen Verdacht wie ich aber trauen sich nicht, darüber zu reden – weil es einfach zu verrückt ist. Dabei ist für uns das Leben, wie es sich abspielt, nur deswegen normal, weil wir nichts anderes kennen und unser Hirn darauf programmiert bzw. geeicht ist. Abweichungen gelten als pathologisch. Ich bin mir aber sicher, dass ich nicht irre bin, sondern die Welt. Ständig frage ich mich, was ich hier eigentlich mache. Spielt da jemand ein abgefahrenes Spiel mit uns? Nach dem Motto: du darfst jedes Zimmer dieses Hauses betreten, nur nicht Zimmer 7 im dritten Stock. Zimmer 7 ist tabu, kapiert! Darüber gibt`s keine Diskussion!
Oder anders gesagt: Wer über eine gewisse Grenze hinausdenkt, betritt gefährliches Terrain. Jedes Programm hat seine Knackpunkte. Wenn man nicht will, dass alles kippt, hält man sich besser an die Regeln. Dumm nur, dass ich im Denken ein verdammter Anarchist bin. Ich stehe auf der Türschwelle zu Zimmer 7. Ich habe Angst. Nein, es ist nicht direkt Angst. Ich kann es schwer in Worte fassen. Eine Art Kälte, würde ich sagen…

Der Typ, der gerade diese Zeilen tippt, das bin nicht ich. Habe ich das schon gesagt? Keine Ahnung, was mit mir heute los ist. Wiedermal einer von meinen idiotischen Tagträumen. Ich hätte gestern den Cidre besser ohne Wodka getrunken. Dazu die schwüle Hitze. Und auf der Wiese machten zwei Girls Yogaübungen, und ich musste immer wieder hingucken, auf ihre Ärsche und Titten, ihre weiblichen Kurven… Fuck! Das ist Leben!