Ausgeträumt

Die Träume versanden im Alter. Bleiben tut die schnöde Hoffnung auf ein paar gute letzte Jahre. Sowieso: Es kommt, wie`s kommt. „Ausgeträumt“ heißt der letzte Roman Charles Bukowskis – „ein selbstironisches Adieu des alten Mannes aus L.A.“ lese ich auf dem Buchrücken. Passt. Ich mag diesen Haudegen Bukowski. Die Lektüre seiner Bücher war stets ein Trostpflaster – ließ mich schmunzelnd sagen: „Scheiß drauf!“ Ich entdeckte Bukowski für mich Anfang der Achtziger, als ich noch zur Schule ging. Fast nahtlos löste er Walt Disneys „Lustige Taschenbücher“ mit meiner Lieblingscomicfigur Donald Duck ab, dem liebenswerten Verlierer. Ich habe ein Faible für Antihelden. Nur nicht zum Pharisäer und Großkotz werden, war meine Devise. Okay, jeder ist, wie er ist. Man muss sich nicht mögen aber irgendwie friedlich nebeneinander leben. Das ist die Kunst. Die Welt sollte groß genug sein… Oder nicht? Schon zu Zeiten einer wesentlich geringeren Weltbevölkerung gingen die Menschen aufeinander los. Wozu dieser ständige Brudermord à la Kain und Abel? Mein Leben währt zu kurz, um hinter das Geheimnis der menschlichen Natur zu steigen. Aber ich sehe, was ich sehe.

Für heute steht auf dem Programm, dass ich mich mit Bukowski in den Biergarten setze und ein paar gepflegte Biere trinke.


Deringer

Es gibt Leute, die nach außen den Bunten Hund markieren, aber guckt man hinter die Fassade, dann entdeckt man spießige Eintönigkeit. Ich wollte noch nie anders erscheinen, als ich bin. Nicht mal zu Fasching. Am ehesten kokettiere ich noch mit der Rolle des lonesome Cowboys, des Antihelden oder Losers. Mir liegen Understatement und Bescheidenheit im Auftreten mehr als eine große Klappe und Affektiertheit. Darum kann ich eher mit Clint Eastwood als mit Eddy Murphy.
Vielleicht bin ich ebenso ein Spießer, halt mit ein paar verqueren Ansichten… Vielleicht ist meine Antihaltung vielen Dingen gegenüber nur Mache. Es ist nicht sicher, ob ich mir darüber selbst im Klaren bin. Seit ich denken kann, grabe ich in meinem Bewusstsein, um Antworten auf die vielen Fragezeichen zu finden. Inzwischen habe ich es fast aufgegeben.
Ich sitze im Schaukelstuhl und schaue mir den Blödsinn einfach nur noch an. Ab und zu ein Bier und den Deringer in der Hosentasche, – zur Sicherheit. Man weiß nie. Von mir aus sollen sich die Großkotze die Welt unter sich aufteilen. Hauptsache, sie stören meine Kreise nicht. Es ist doch so: Man wird ins Leben gefickt, ob es einem gefällt oder nicht. Und nach einer Weile stellt sich heraus, dass man wie eine Wurst in einen Schlauch gepresst und feinsäuberlich abgepackt wird. Die größte Freiheit genoss man im Uterus. Nicht, dass ich mich dahin zurückwünsche – denn dann hätte ich ja noch alles vor mir. Den ganzen Quatsch, der sich Leben nennt. Scheiß drauf.
Da sitze ich und wippe in meinem Schaukelstuhl wie Clint Eastwood, den Deringer griffbereit in der Hosentasche, aber es kommt eh kein Schwein vorbei…