Es regnete Tag und Nacht. Die Blätter fielen zuhauf, abgerissen von schweren Tropfen und Hagel. Ein Wolkenheer in grauem Rüstzeug zog über das Land. In der Nacht donnerten und blitzen seine Geschütze in einer fernen, unwirklichen Schlacht. Am Morgen blies ein heftiger Wind. Viele Blätter waren gefallen und leuchteten rot und gelb in der Sonne. Immer wieder lösten sich neue und tanzten gen Boden. Dem Herbstwind gefiel das Spiel, und er rief die Sonne: „Komme hervor und lasse die Erde leuchten!“ Und die Strahlen der Sonne brachen durch die Wolken und fielen auf das nasse Laub. Das war eine Farbenpracht! Daneben der Alltag der Menschen und die Hektik der Stadt in gleichgültigem Grau. Und der Wind rief auch die Menschen, aber nur wenige hatten gefallen an dem Spiel. Der Wind war wie ein Kind, und auch die Sonne vergaß ihren mütterlichen Ernst. Die zwei scherzten – ei! – ein Hut machte sich davon, Papierbällchen strauchelten über das Pflaster, Blätter tanzten Ringelreih, bis sie schließlich irgendwo klebenblieben: unter dem Schuhabsatz eines Passanten, in einer Pfütze, zertreten, verrottend.
Dieses Spiel wiederholt sich jedes Jahr, jedes Jahr dieselben Zeichen der Vergänglichkeit im Rhythmus eines schlagenden Weltherzens. Das Leben ist kurz. Nur kurz wirbelt das Blatt durch die Luft, um dann eins zu werden mit der Erde, und macht sie fruchtbar.
(1985)
Das Leben wandelt sich, die Jahreszeiten und Herzensangelegenheiten ebenso, doch etwas bleibt gleich…
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auf mich bezogen habe ich eine ahnung…, aber ich weiß nicht, wie es in anderen menschen ausschaut.
egal, wie sich die welt ändert, sie bleibt ein mysterium. und ich mittendrin erstarre.
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Gefällt mir sehr, dein Text.
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ist schon eine gute weile her. aber herbst ist herbst.
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Der Herbst in seiner schönen Art, da ist das Alter des Textes egal.
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ich denke, dass die welt fraktal ist. die jahreszeiten spiegeln sich im leben eines menschen wieder… und so gibt es noch vielfältige erscheinungen im mikro- und makrokosmos, die diesem oder anderen kreisläufen folgen. alles repräsentiert sich im anderen. aber wir wissen nicht, warum das so ist – woher alles kommt.
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Ja, genau so.
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Keine Ahnung. Es ist, wie es ist.
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Du hast es gut beschrieben, in deinem Kommentar.
Ich finde es gut, dass der Mensch nicht alles versteht, durchblickt.
Die Natur hat ihren Weg und auch wir sind ihr unterworfen und können uns nicht dagegen wehren.
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Das Doofe sind die Ideologien/Religionen, welche… Gräben zwischen den Menschen ziehen. Verantwortlich sind die Betrüger.
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