Egal an was du stirbst, du stirbst auf jeden Fall

Im Allgemeinen stirbt jeder. Zumindest sind mir keine Highlander, Vampire, Unsterbliche oder hunderte Jahre alte Menschen bekannt, was nicht heißt, dass es die nicht gibt. Ich bin mittlerweile zur Überzeugung gekommen, dass ich zu den normalen Sterblichen gehöre. Ich sehe meine Tage dahinschmelzen. Das Leben ist eine Art Knast, in dem man sitzt und nicht rauskommen will…
Früher mochte ich den Herbst. Das änderte sich, seit ich mich selbst im Herbst meines Lebens befinde. Frühling und Sommer sind unwiederbringlich vorbei. Und während sich die Natur nach dem Winter wieder erholt und im Frühling des folgenden Jahres neu erblüht, wird mich der Tod zur letzten Ruhe betten. Nein, nicht unbedingt in diesem Winter. Möglicherweise fahre ich noch ein paar Runden mit auf dem Karussell. Vater und Mutter warten auf mich. Ich sehe sie winken. Keine Ahnung, warum das Karussell eine solche Anziehungskraft auf mich ausübt, so dass ich gar nicht mehr runterwill. Es ist zum Heulen.

Das Loslassen vom Leben und von der Liebe ist das Schwierigste. Das kann man nicht üben. Manche glauben an ein Leben nach dem Tod. Sie glauben an den Himmel oder an die Wiedergeburt. Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Ich muss noch ein wenig Geduld haben. Es ist so, als würde ich in einer langen Reihe stehen, in welcher sich die Anstehenden Geschichten darüber erzählen, was denn am Ende auf sie wartet. Ich frage: „Warum stehen wir überhaupt wie Blödiane hier rum?!“ Von den vor und hinter mir Stehenden höre ich „Psst!“. Einige blicken mich mahnend an. Offenbar verletzte ich mit meiner Frage ein Tabu.

Ich denke: Das Leben ist nicht nur Knast, sondern explizit eine Todeszelle.

17 Gedanken zu “Egal an was du stirbst, du stirbst auf jeden Fall

    • das ende rückt näher… jedenfalls empfinde ich es so.
      über den tod machte ich mir schon als junger mensch viele gedanken. das wollten die mädels freilich nicht gerade hören.
      damals war der tod noch mehr im nebel. inzwischen schälen sich seine konturen langsam heraus.

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  1. Meine Mutter klammert körperlich an einem sinnlos gewordenen Leben. Warum das schlagende Herz nicht ausschalten, dem Leid ein Ende setzen dürfen? Unchristlich, wohl wissend um die Erleichterung.

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      • Meinen Vati habe ich streichelnd zu Hause in den Tod begleiten dürfen. Nicht ganz intim, denn meine Schwestern und die Pflegedienstlerinnen waren auch da. Zum Glück! Mein Bruder, sehr pragmatisch, wollte niemanden außer seiner Frau und Tochter um sich wissen. Man hat sie nachts weggeschickt. Meine Schwägerin und Nichte leiden noch heute darunter, diesem Ansinnen gefolgt zu sein. Aber ihn, was wir erst später erfuhren, am Todesmorgen nochmal ins CT geschoben. Es ist doch paradox, dass man sich zeitlebens Gesetzen und Regularien unterwerfen muss und über den eigenen Tod nicht entscheiden darf.

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      • der tod ist so schwierig wie das leben.
        was man im leben nicht hinkriegte, bekommt man auch in den letzten tagen/stunden nicht hin.
        die schuldfrage sollte man dabei vermeiden.
        jedenfalls ging es mir so, als meine eltern starben. mit meinem bruder hatte ich nicht viel am hut. aber darum ging es in dieser phase nicht.
        meine eltern starben allein.

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      • auch ich bin dankbar dafür, menschen begleitet zu haben, auszuharren, die hand gehalten zu haben. es waren keine ganz nahen menschen, und sie lebten eigentlich allein. meine eltern starben allein, mein vater unbemerkt im schlaf neben meiner mutter.

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  2. ich frage mich, wann genau der Verfall beginnt. Direkt nach der Geburt? Schon da läuft die Zeit. Das Leben ist in gewissem Sinne eine Todeszelle, richtig. Denn am Ende wartet der Tod. Manchmal früher, manchmal später, aber er kommt.
    Ab wann verfällt der Körper? Was denkst du? Mit 20 oder früher? Vielleicht schon mit Beginn des komplett ausgewachsenen Menschen. Wir alle zerfallen sekündlich mehr und mehr.

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    • der körper ist das eine. den zerfall des körpers nahm ich so langsam ab 40 immer bewusster wahr…
      ab 50 nahm diese wahrnehmung an geschwindigkeit auf. nun werde ich demnächst 60. der zerfall ist nur bedingt durch eine gesunde lebensweise aufzuhalten. ich kann mich, glaube ich, glücklichschätzen, dass ich mich bei meinem lebenswandel noch ganz gut halte…
      und: hauptsache, der geistige zerfall tritt nicht zu früh ein.

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      • bei mir zerfällt alles. auch der Geist und das vor 60. heute blickte ich im Kalender auf die 2 und mein Hirn sagte mir 4. Ich schaute vor ein paar Wochen im Adressbuch nach einer Hausnummer, wurde mir dieser bewusst und schrieb unbewusst eine ganz andere Zahl. Natürlich kam die Post mit fast einer Woche Verspätung dann an.
        Das ist Zerfall. vom körperlichen ganz abgesehen.
        ich glaube die Annäherung an den Tod beginnt mit der Geburt. ich glaube, wir sind nur kurzfristig in unserem Körper um eine Aufgabe zu erledigen. Ich bin mir noch nicht ganz sicher um welche Aufgabe es sich bei mir handelt. also habe ich noch eine Weile Zeit.

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