Ich betrachte die Boulevardpresse seit jeher abschätzig. Was interessieren mich die privaten Freuden und Ärgernisse der Reichen und Schönen? Wie schäbig ist doch unser Voyeurismus an deren Leben. Ebenso verabscheue ich den Eifer so mancher prominenten Person, keine Gelegenheit auszulassen, vor den Kameras zu posieren oder sich exhibitionistisch in unterirdisch dämlichen TV-Formaten wie Dschungelcamp zu präsentieren. Aber gut – deren Sache. Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Sie liefern sich einer Unterhaltungsindustrie aus, welche menschliche Schicksale verwurstet und zu Markte trägt, dabei schon mal die ein oder andere sensible Seele kaltschnäuzig über die Klinge springen lässt. Das gemeine Volk lechzt ständig nach Futter. Es giert nach der Schlüssellochoptik, Hauptsache, es gibt Brisantes zu sehen und zu erfahren. Wer ein dickes Fell hat, kann mit diesem Geschäftsmodell eine Menge Kohle machen. Einige Menschen streben darum nichts anderes an, als prominent zu werden – egal wie sie diesen Status erreichen…
Der menschliche Ungeist ist nicht zu stoppen. Er produziert Müll ohne Ende, welcher sich über alle Medienplattformen ergießt, übelriechend und voller Menschen, die sich wie Ratten von diesem Unrat ernähren.
Boris Becker wurde in London zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt lese ich im Unterhaltungsteil der Internetmedien. Ich komme mir vor wie ein Voyeur, weil ich meine Neugierde nicht zähmen konnte. Die Erinnerung kriecht in mir hoch: ich sehe uns Mitte der Achtziger in der Kneipe die Spiele von Bum-Bum Boris und Steffi Graf verfolgen, wie wir mitfiebern und uns über ihre Siege freuen. Nicht dass ich ein Fan dieser Tennisasse gewesen wäre, aber ihre Spiele hatten für uns damals einen großen Unterhaltungswert. Seit Jahrtausenden ergötzen sich die Menschen am sportlichen Wettkampf. Auch ich kann diesem Reiz offenbar nicht ganz widerstehen, vor allem wenn ich in Gesellschaft sitze. Oft brauchen meine Augen auch nur eine Ereignisfläche, auf die sie starren können, während ich an meinem Bier nippe und meinen Gedanken nachhänge. Am Spirituosenregal habe ich mich irgendwann sattgesehen…
Okay, lieber Boris, du wirst den Knast schon überstehen. Viele halten zu dir, wie ich las. Schade, dass ich dich nie kennenlernte. Schließlich waren wir quasi Nachbarn (in meiner alten Heimat). Da hätte man sich ja mal über den Weg laufen können, also damals, als du noch geerdet warst.
Ich finde es furchtbar wie ein „Täter“ zum „Opfer“ gemacht wird.
Man hört nur „ach der Arme“….
In meinen Augen sind alle Menschen gleich und wenn man Mist baut, muss man dafür gerade stehen. Egal welchen Namen man hat, wie voll das Konto war oder ist und völlig egal wie viele Menschen ihn kennen.
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na klar. einen promi-bonus sollte es nicht geben. auf der anderen seite halte ich boris becker nicht für einen verbrecher. dann schon eher uli hoeneß, der auch in den knast musste.
ich würde nie sagen: ach der arme…
wer bestraft eigentlich die großen verbrecher, z.b. politiker, die kriege anzetteln oder in ihrer amtszeit einen ganzen staat in den ruin treiben?
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Das ist eine gute Frage, so mancher Status schützt wohl und das sollte es nicht geben, finde ich.
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hm. am besten lebt man stets am rande des existenzminimums. steuerhinterziehung ist dann gar nicht möglich.
du weiß aber auch, dass das mit der absoluten gerechtigkeit ein nicht zu erreichendes ideal ist, solange es hierarchien bzw. machtstrukturen gibt.
der dicken fische werden wir selten habhaft. und wenn, dann nicht, weil die justiz so gute arbeit leistet, sondern weil von ähnlich dicken fischen an ihrem ast gesägt wird – wenn sie von ihrer mischpoke fallen gelassen werden.
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Gerechtigkeit wird es niemals geben, weder bei uns Menschen, noch in der Tierwelt oder Natur. Wir hätten zumindest die Intelligenz dazu.
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meiner meinung nach gibt es nichts außerhalb der natur. auch der mensch ist natur – allerdings reichlich sonderbar. darum vergleiche ich den menschen in diesem zusammenhang oft mir einer krankheit…
niemals kann man eine moral oder gerechtigkeit allem überstülpen. wenn überhaupt, kann dies nur gott.
trotzdem halte ich die idee von demokratie und grundrechten/gerechtigkeit nicht für abwegig. leider trifft diese hehre idee auf zu viele dafür unreife geister.
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Wenn man an Gott glaubt.
In mir schlummert ein starker Gerechtigkeitssinn, aber ich denke es ist auch eine Definitionssache die man unter zu vielen Aspekten betrachten müsste um eine gerechte Welt schaffen zu wollen.
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ich weiß nicht, ob ich an gott glauben kann. und dann weiß ich schon gar nicht, wie ich ihn mir vorstellen soll. ich benutze ihn in meinen äußerungen als platzhalter – für etwas, das außerhalb meines vorstellungsvermögen liegt.
überhaupt ein bewusstsein für die eigene existenz als lebewesen/mensch zu entwickeln, ist schon mal ein anfang… auch hinsichtlich moral und gerechtigkeit.
ich glaube, dass sich die menschen auf eine gemeinsame vorstellung/definition von gerechtigkeit einigen könnten, wenn sie frieden fänden, unabhängig von nation, religion/ideologie und herkunft…
eine schwere geburt das – möglicherweise eine geburt, die wir nicht überleben.
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…auch hinsichtlich Moral und Gerechtigkeit.
Braucht es jemand Höheres, etwas außerhalb unserer Vorstellungskraft um moralisch und gerecht zu denken und zu handeln? Kommt es nicht von uns selbst, aus tiefster Überzeugung? Spielt da nicht ein mitfühlendes Herz und unser Gewissen eine Rolle?
Warum muss es jemanden geben damit wir so denken und handeln? Ich bin da völlig anderer Meinung wie du. Aber vielleicht auch deshalb weil ich an keinen Gott oder was auch immer glaube. Es ist meine Entscheidung wie ich bin, wie ich handel, was ich denke und fühle.
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habe ich etwa gesagt, dass es eine höhere macht bräuchte? ich denke nicht.
grob gesagt: ich sehe die menschheit noch nicht reif dafür, eine allumfassende moral und gerechtigkeit für ihr leben auf diesem planeten im kontext mit den mitgeschöpfen zu erstellen.
wir müssen dazu als menschen über unser kleinspuriges denken/empfinden in kategorien wie nation, religion/ideologie, herkunft etc. hinauswachsen.
es fehlt uns entschieden an einer geistigen evolution… also ich kann sie jedenfalls noch nicht erkennen. ansatzweise vielleicht.
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Den ersten Satz den ich von dir übernommen habe, ließ darauf schließen.
Im Kleinen sieht man es hier und dort, es wird allerdings nicht reichen.
Bis wir dies erreicht hätten, sind wir womöglich schon ausgestorben.
Ja, man kann uns als Krankheit oder Virus vielleicht für diese Welt bezeichnen.
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welchen ersten satz aus welchem kommentar meinst du? – bin ratlos.
nicht so einfach das thema. es geht nicht darum, ob man an einen gott glaubt oder nicht. es geht um das erfahren von geistigen/spirituellen grenzen… und trotzdem suche ich, suchen wir weiter nach der wahrheit, dem sinn des ganzen, dem ursprung von allem. es gibt menschen, die ihr bewusstsein erweitern wollen, und es gibt menschen, die aus dem materialismus hinreichend lebensenergie und lebensglück schöpfen können.
(der glaube an einen gott macht den bock nicht fett.)
egal, ob wir als menschheit wie lange noch auf diesem planeten oder anderswo fortbestehen – jeder geht seinen weg.
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Das Rechtswesen ist definitiv kein Garant für Gerechtigkeit. Das kann man immer wieder nachlesen. Selbst hat man’s mitunter auch schon erlebt.
Manche sollen ja einen Gefängnisaufenthalt durchaus schon dazu genützt haben, um etwas über sich selbst zu lernen. Vielleicht findet BB auch wieder den Boden unter seinen Füßen, den er früh zu verloren haben scheint.
Das Thema des Rechtlichen ist in meinem Denken in den letzten Tagen auch intensiv gekreist. Ich habe mich mit „roten Linien“ im Kriegsgeschehen beschäftigt. Ziemlich verdrehte Sache, so denke ich mir.
Es leben wahnsinnig viele in der BlaBlaBla-Blase. Sie lechzen nach Storys vom Bobbele oder von anderen – ich beobachte es, es gibt definitiv Leute, die ihre eigene Leere mit sowas füllen.
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das rechtswesen ist kein garant für gerechtigkeit – sehe ich genauso. aber wozu erschufen wir es dann?
zu bb will ich nichts mehr ergänzen.
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und: ich brauche auch manchmal was, das meine leere ausfüllt.
prost!
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