Ich ging nicht wegen Fußball gucken ins Pub. Ich wollte meinen Wochenend-Einkauf mit einem Bierchen in Gesellschaft verknüpfen. Als ich ankam, waren noch nicht allzu viele Gäste anwesend. Edgar und Ingo saßen direkt an der Fensterfront, und ich nahm am Tisch daneben Platz. Ich lauschte ihrem Gespräch, wie man das eben so tut, wenn man für sich in der Kneipe sitzt und nichts anderes zu tun hat. Edgar ereiferte sich über die Fahrradfahrer, die ihn als Fußgänger belästigten und schon tausendmal fast umgefahren hatten. Die Fahrradfahrer seien im Verkehr die Schlimmsten, sagte er aufgeregt…, noch schlimmer als die SUVs. Da ich in der Stadt hauptsächlich per Bike unterwegs bin, konnte ich seine Aussagen nicht unkommentiert stehen lassen.
„Das sagst du aus deiner Perspektive als Fußgänger und aufgrund deiner negativen Erfahrungen. Aber unter allen Verkehrsteilnehmern existiert Rücksichtslosigkeit, egal ob sie mit Auto, Fahrrad, Rollern oder als Fußgänger unterwegs sind.“
„Nein!“, beharrte Edgar hasserfüllt, “Die Fahrradfahrer sind die Schlimmsten!“
„Quatsch, Edgar, du bist doch viel zu klug für eine solch einseitig verengte Sichtweise…“
Aber Edgar hörte nicht auf, auf die Fahrradfahrer zu schimpfen: „Vor allem hier in Berlin!“ Ich merkte schnell, dass die Diskussion nur weiteren Unmut bei ihm hervorrief und ließ es gut sein. Irgendein fußballverrücktes Weib kreischte irre im Hintergrund. In den Tiefen des Pubs lief noch eine andere Fußballpartie. „Mein Gott! lachte ich, zu diesem Organ würde ich gern das Gesicht sehen.“ Wir grinsten. Das Pub hatte sich gefüllt. Die meisten kamen wegen dem Spiel „Hertha – Stuttgart“. Ich fühlte mich ein wenig deplatziert unter den Fußballkennern. Stuttgart führte schnell 1:0. Inzwischen war ich auf meinem Platz eingemauert von Gästen. Ich fühle mich ungern belagert, aber ich hielt an meinen obligatorischen drei Pils fest. Das dritte stürzte ich fast hinunter. „Die reißen es heute nicht mehr“, sagte ich zu meinem Sitznachbarn in Bezug auf die Hertha, und der nickte. Die Zeit schien stillzustehen, und meine Blase drückte.
Tief sog ich die kühle Herbstluft ein, als ich vorm Pub auf mein Fahrrad stieg und losdüste…, im Geiste Edgar umnietete und ausrief: „Hey! Kannst du nicht besser aufpassen!“
Deine kleinen Alltagsgeschichten gefallen mir.
Und über deinen letzten Gedanken musste ich schmunzeln.
Sind es doch Gedanken die fast jedem kommen nur nicht laut ausgesprochen werden.
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natürlich bin ich ein sehr umsichtiger fahrradfahrer… auch wenn ich mich nicht an alle regeln halte. wer tut das schon – vielleicht edgar? ich weiß es nicht. ich begegnete ihm bisher nur im pub und nicht auf der straße.
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Solche Gedanken sind trotzdem legitim. Lach…
Vor allem wenn man jemanden vor sich hat und man merkt dass ein sinnführendes Gespräch nicht möglich sein wird.
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ja. ich weiß doch, dass es nur gedanken sind. und gedanken sind bekanntlich frei.
ich habe gar nichts gegen edgar. wir respektieren uns, grüßen uns… das ist ja das schöne in der kneipe: leben und leben lassen. im pub herrscht meist eine sehr friedliche atmosphäre (auch unter den fußballfans). stänkerer sind dort nicht gern gesehen.
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Nicht umsonst ist es für manche das zweite zu Hause.
Ich denke es ist wie eine Ersatzfamilie wenn man sich dort immer wieder sieht und Gespräche führt.
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für einige sicher. früher hatte ich auch jahrelang eine stammkneipe. kneipengänger bin ich zwar auch heute noch gern, aber zum inneren kreis gehöre ich nicht mehr.
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Alles hat seine Zeit irgendwie.
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Als Kind spielte ich gern mit Lego. Das liegt hinter mir.
Und so kam noch einiges, was heute hinter mir liegt.
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Hahaha….
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Ebenso liegen Cornflakes und Kakao hinter mir.
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Manches fällt mir manchmal nicht einmal auf, was so hinter mir liegt.
Weil ich es vielleicht nicht vermisse, wie den Kakao z.B.
Wobei ich jetzt im Urlaub nach Ewigkeiten einen Lumbumba hatte.
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Lumbumba? Ist das was Außerirdisches?
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Heißer Kakao mit Alkohol. In dem Fall mit Baileys.
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Also eher nichts für harte Männer.
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Ob dies mit einem harten Mann zu tun hat, ich weiß es nicht.
Wobei, letztens schaute eine Kellnerin sehr erstaunt als ein Mann am Nebentisch einen Kakao bestellte. Schon interessant welche gefestigten Bilder Menschen haben.
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so ist es. ich bleibe am liebsten beim bier… damit kann man eigentlich nichts falsch machen.
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Jeder wie er es mag. Ich bin eher fürs Süße.
Und starkes Zeug mag ich fast gar nicht mehr. Wenn ich es schon rieche…, nein Danke.
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Gute Entscheidung.
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Ich schließe mich Nati an, das ist ein amüsanter Text, den du da zusammengeschrieben hast. Sozusagen direkt vom Alltagsleben abgeguckt und eingetippt in deinen Blog.
Das fußballbegeisterte Weib hätte ich sein können, allerdings kreische ich nicht. Lautstark meinen Unmut äußern kann ich allerdings ziemlich gut – gerade beim Fußball … Schließlich bin leidenschaftlich passiv vorm TV-Bildschirm voll dabei. Deswegen gucke ich Fußball auch am liebsten allein, dann muss ich mich nicht so zurckhalten.
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also, ich kriegte das weib ja noch zu gesicht… sie sah relativ normal aus.
ja, ich versuche, alle ebenen/facetten des lebens bzw. meines lebens auf dem blog wiederzugeben. nur das gesamte macht sinn.
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Was genau bedeutet denn „relativ normal“ beim Aussehen einer Frau für dich?
Das ist ein hoher Anspruch … Respekt.
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oje. bei ihrem gekreische hätte ich was furienhaftes erwartet – total irren blick, zerzaust… ein frauenmonster.
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Jetzt hast du mir beschrieben, wie die Frau nicht aussah. Mich interessiert aber, wie sie in deinen Augen aussah. Ach, Bon. (Hier darfst du dir jetzt gern wieder den Zwinkersmiley vorstellen.)
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normal halt. weder hübsch noch hässlich. etwas dicklich aber nicht fett. normal/unauffällig gekleidet… so ganz genau sah ich mir sie nicht an. ihr äußeres stand im kontrast zu ihrem „monster-organ“.
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Okay, dann habe ich jetzt eine ungefähre Vorstellung der fußballbegeisterten Frau in deiner Stammkneipe.
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sie war mit ein paar freunden da, die sich nach dem spiel (also ihrem spiel) vors pub setzten. da richtete der wirt eine kleine terrasse ein. wie gesagt, keine auffälligen leute. aber gut drauf.
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Das klingt sehr serviceorientiert und gemütlich. In welchem Berliner Stadtteil ist das denn, wenn ich fragen darf.
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gemütlich – na ja. das pub ist ein ziemliches loch. es liegt im selben stadtteil, wo ich wohne.
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Also Lokalkolorit in Reinkultur?
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so ähnlich.
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und: das pub würde ich nicht meine stammkneipe nennen. ich habe schon lange keine regelrechte stammkneipe mehr.
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Okay, dann habe ich sich bisher falsch verstanden. Ich dachte immer, das wäre deine Stammkneipe. Schade.
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wieso schade?
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Na, weil ich es schön finde, wenn man eine Stammkneipe hat, einen Platz, wo man gerne hingeht, sich wohlfühlt, usw.
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man muss nehmen, was da ist. wenn die menschen halbwegs passen, ist`s okay für das ein oder andere bier.
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Das liest sich für mich jetzt lakonisch-pragmatisch.
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die kneipenkultur berlins ist durchwachsen. es gibt viele spelunken und eckkneipen oder dann eben hipster- und alternativ-kneipen.
ich fände es anstrengend, extra zum biertrinken in einen anderen stadtteil zu fahren. mache ich nur ab und zu, um mal ein paar andere gesichter zu sehen.
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Und die Kneipe in deinem Stadtteil – „bei dir um die Ecke“ – ist eine dieser „Spelunken“ in Berlin?
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das pub geht in richtung spelunke. aber es gibt da schlimmere.
und da ist noch die eckkneipe, wo ich meine mittagspausen verbringe. weniger spelunke, aber ganz nett zum zusammensitzen.
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Dann passt es doch. Es ist gut, solche Orte zu haben. Die fungieren manchmal wie so eine Art Auffangnetz.
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klar. für mich ganz praktisch. bevor ich total zuhause versumpfe, kann ich genausogut in einer kneipe versumpfen.
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Vielleicht fehlt dir einfach bloß ein Hobby, das dich mit anderen Menschen zusammenbringt?
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am besten ein hobby, bei dem ich bier trinken kann.
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Zum Beispiel Treffen in geselliger Runde zum Skat oder Doppelkopf spielen?
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nö. die skat-zeit liegt hinter mir… du musst mir keine vorschläge machen.
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Alles klar. War auch nur so eine Idee.
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du kannst mir glauben, dass ich mir selbst genug gedanken mache… was zu mir passt und was weniger. stress brauche ich jedenfalls keinen in der freizeit.
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Gut. Das glaube ich dir.
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es ist auch eine frage des anstoßes… und der motivation. zur zeit herrscht da eher flaute.
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Das verstehe ich. Kommt Zeit, kommt vielleicht auch der Anstoß. Wer weiß.
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ja. und wenn nicht, dann eben nicht. ich hatte mein leben.
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Wenn du das schreibst und so empfindest … Für mich liest sich das eher traurig oder frustriert – je nachdem. Aber vielleicht interpretiere ich da auch zu viel hinein.
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traurig ist okay, wenn es nicht zu schmerzhaft ist.
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Wunderbare Geschichte. Nach 3 Pils aufs Rad gilt nur für die Geschichte, hoffe ich 😉
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Die Promillegrenze für Fahrradfahrer liegt bei 1,6 Promille.
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Es waren 1.2, oder? Und letztlich wirkt es doch bei jedem Menschen anders.
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Klar. 1,6 gilt auch nur, wenn man nicht auffällig fuhr bzw. keinen Unfall baute, sonst gilt bereits 0,3.
Bisher überfuhr ich noch niemanden auf dem Nachhauseweg von der Kneipe.
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… So weit ich mich erinnern kann.
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Dann wird es Zeit, dass die Fahrräder „Auto“-Kennzeichen erhalten.
Hat zumindest den Vorteil, dass sie bei Diebstählen besser „verfolgt“ werden können.
Smile!
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Als hätte die Welt zur Zeit keine anderen Sorgen…
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exorbitanter Verwaltungsaufwand – aber vielleicht sterben dann nicht so viele fahrradfahrer in berlin – dieses modell soll es woanders schon geben und sich wohl rentiert haben
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warum sollten dann weniger fahrradfahrer sterben?
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Weil ihre „Verstöße“ aufgrund der Nachverfolgungsmöglichkeit eventuell abnehmen könnten – sie bringen sich ja selber in Gefahr. Ich erlebe das jeden Tag; manche (ich rede nicht von allen) Radfahrer glauben wirklich, sie wären der liebe Gott.
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du solltest dich mit edgar zusammentun.
wenn ich mich nicht irre, sterben aber die meisten fahrradfahrer aufgrund rücksichtsloser autofahrer.
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Nein. Erstens: nicht rücksichtslos (Rückspiegel), und zweitens wiederhole ich es auch für Dich gern noch einmal: es ist der Leichtsinn der Radfahrer.
Und schlussendlich – ich mag Edgar nicht. Ciao
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geht`s dir gut?
womöglich ist es für fahrradfahrer an sich leichtsinnig, sich in den verkehr zu begeben.
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Ab jetzt geht es mir wieder gut. 3 Tage Weiterbildung gehabt ………..
Radfahrer verhalten sich im Straßenverkehr zu leichtsinnig und überschreiten permanent die Verkehrsregeln bzw. halten sie nicht ein. Wie schon woanders und oft geschrieben: ich erlebe es tagtäglich. Und wäre ich – wie sicher auch andere – nicht so eine vorsichtige und zugleich umsichtige Fahrerin, würde noch viel mehr passieren:
Bei Rot über die Ampel
Abbiegen aus einer Seitenstraße und Vorfahrtsregel nicht beachten
ohne Licht (Beleuchtung) fahren
Abbiegen ohne rechtzeitiges Anzeigen
über den Fußgängerweg fahren, ohne vorher abzusteigen (Pflicht, abzusteigen und
zu schieben – es ist ein Gehweg)
in der Mitte der Straße fahren
Fahrradweg nicht nutzen
Behinderung des Straßenverkehrverlaufes (-flusses)
Kind fährt HINTER dem Elternteil – absolut unverantwortlich
usw. usf.
Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende.
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fußgänger verletzen auch permanent die regeln… und auch autofahrer hier in berlin… die parken z.b. die fahrrad- und gehwege zu, fahren zu schnell und auch oft genug bei rot über die ampel.
es ist in meinen augen quatsch mit käse, die fahrradfahrer als besonders leichtsinnig oder böse hervorzuheben. die meisten fahrradfahrer sind außerdem fußgänger und autofahrer in personalunion.
je nachdem, welche rolle sie einnehmen, schimpfen sie über die jeweils anderen verkehrsteilnehmer…
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