ohne Titel

Das Schreiben hilft mir bei der Selbstreflexion. Ich durchdenke mich selbst und die Dinge, die mir widerfahren, bewusster, wenn ich sie aufschreibe. Ebenso bedeutet mir das Schreiben als Mittel des kreativen Ausdrucks sehr viel, – Fantasien und Träume festzuhalten, an ihnen zu basteln. Jahrelang schrieb ich voller Eifer Prosagedichte und Lyrik. Niemals ist, was ich schreibe, von meiner Person losgelöst, sondern stets eine Aufarbeitung meines Denkens und meiner Lebenssituation. Ich mag die „Echtheit“ – die Authentizität bei Menschen wie bei Sachen. Also z.B. Handarbeit lieber als maschinell Gefertigtes. Und bei Menschen mag ich vor allem die offenen und ehrlichen Wesen, und nicht die Opportunisten, Populisten/Demagogen und Karrieristen. Ich habe ein gutes Gespür dafür, die ehrlichen Wesen von den verlogenen zu trennen (außer ich bin verliebt). Schon als Kind mied ich das Umfeld der Großmäuler.
Wer nicht mit den Wölfen heult, läuft freilich Gefahr, alleine zu bleiben. Darum hat das Schreiben auf den Blogs für mich eine besondere Wichtigkeit. Hier kann ich, obwohl alleine, meine Erfahrungen mit anderen Menschen teilen. Ich fühle mich weniger isoliert. Auch als Einzelgänger brauche ich ein soziales Feedback, sonst verkümmern meine geistigen und emotionalen Kräfte – jedenfalls langfristig.
Ich will darum allen danken, die auf meinen Blogs lesen und kommentieren. Sie glauben vielleicht nicht, was mir diese Resonanz bedeutet.

 

1980, im zarten Alter von Sechzehn, verfasste ich folgenden Text:

Ich will schreiben – ein Pinselstrich – noch habe ich keine Vorstellung. Ich lasse mich treiben von meinem Charakter, meinen Eigenarten, schreibe Worte nur so, die nichts sagen, gar nichts – nur so – eine Komposition, ein Gemälde gekleidet in Phrasen meines Intellekts, meiner Gedankengänge…
Was davon ist echt? Wie viel davon von mir, ganz von mir und nicht von den anderen?
Ich lernte sprechen und schreiben, ich schreibe Phrasen, die bestehen aus ihren Worten; aus ihren Strichen, aus ihren Farben zeichne ich ab, was sie mir vorgeben, und ich zeige ihnen eine neue Konstellation, eine andere Einstellung zum Leben – mische neue Farben, zeichne neue Formen, bereichere diese Welt – ein endloses Puzzle. Ich, ein neues Teil, werde eingefügt in eine Lücke. Wer setzt es zusammen?

11 Gedanken zu “ohne Titel

  1. Auch als Jugendlicher konntest du dich schon sehr gut schriftlich ausdrücken. Deinem Alter weit voraus. Wenn ich lese, wie und was 16jährige heutzutage schreiben, rollen sich mir die Fußnägel hoch. Der Verfall der Sprache, egal ob geschrieben oder gesprochen, ist schon traurig.

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  2. leider wurden meine sprachfähigkeiten von meinem damaligen deutschlehrer nicht erkannt. er meinte zu solcherlei texten nur hämisch, ich sei nicht goethe.

    ich weiß nicht, ob ich wirklich einen zerfall der sprache beobachten kann. jedenfalls veränderte sie sich. außerdem splittet sie sich in viele kunstsprachen irgendwelcher gruppierungen auf, die gerade up to date sind – und dies in immer schnellerer taktfolge. das führt dazu, dass man oft aneinander vorbei redet. kurz gesagt: die sprache wird wie die gesamte von menschen geschaffene welt immer unverständlicher.

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  3. Wie gut, dass wir damals keine Ablenkungen hatten. So nahm man sich auch die Zeit, um hinter die eigene Stirnkulisse zu schauen.Ich war mit 16 Jahren auch schon nachdenklich, fand jedoch nie einen Gesprächspartner, der ähnlich nachdenklich war. Die meisten winkten ab „Denk nicht so viel nach“. Also auch damals gab es Jugendliche, die wenig oder kein Interesse für die eigenen Gedanken im Kopf hatten.. Ich glaube, ich musste fast 30 Jahre alt werden, bis ich mitbekam, dass auch Menschen gibt, die ähnlich wie ich über das Leben philosophierten. Bis dato dachte ich sogar, ich lief nicht ganz rund im Kopf :-).
    Hast du all deinen alten Aufzeichnungen von damals noch ? Finde ich spannend, weil man die eigene Entwicklung daraus gut nachvollziehen kann.
    Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntag
    LG La We

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    • so ging es mir auch in jungen jahren. ich konnte nicht vestehen, dass die meisten menschen an solchen gedankengängen gar nicht interessiert waren.

      liebe grüße nach rostock!

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  4. Ich lese Dich immer gerne – manchmal allerdings leicht zeitversetzt zum Veröffentlichungstermin Deiner Beiträge, weil ich z.B. so wie jetzt ein paar Tage weg war. Jeder authentische Querkopf ist mir lieber als eine Masse von gleichgeschaltetem Einheitsbrei. Selbst- und Freidenkern lesend in die kopfintern laufenden Prozesse blicken zu können, das ist stets spannend und inspirierend. Danke!

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  5. Super! Diese Gedanken mit 16…
    Das glaube ich gern, dass du da oft alleine warst und es auch heute noch sein kannst.
    Und heute weiß ich, dass ich für meine Eltern anstrengend war. Dieses Fragen, Verstehen wollen und entdecken und wissen wollen – das hätte Zeit gebraucht und Eltern, die freier waren als es meine (Kriegsgeprägten Eltern) gewesen sind.
    Bleib bitte beim Fragen, beim Querdenken auch und beim „Gegen den Strich bürsten“. Das zeichnet dich aus und zeigt deine Einzigartigkeit.
    Vielen Dank und herzliche Grüße
    Judith

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    • Danke für die Blumen, Judith
      Das Spagat zwischen meinem Innenleben und der Welt dadraußen ist in der Tat nicht immer einfach. Auch in der Liebe… Ich gerate leider sehr selten an Menschen, die gewisserweise seelenverwandt sind.
      Mit dem Fragen und Querdenken werde ich nie aufhören, denn das macht mich zu einem guten Teil aus. Ich kann gar nicht anders. Auch denke ich, dass genau dieses Fragen stellen gepaart mit einem kreativen Geist das Besondere am Lebewesen Mensch ist.
      Die Welt um mich herum erscheint mir oft sehr fremd…
      Trotzdem, ich liebe das Leben und die Menschen. Die paar Jahre werde ich auch noch schaffen.

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