Hund, der ins Bild läuft, am Bülowbogen

Ich male mal wieder. Bitte nicht falsch verstehen. Was für mich Malen ist, dazu würden viele Schmiererei sagen. Das Ergebnis versteht sich von selbst – Kunst ist das nicht (egal). Ich schmiere also Acryl Farbe auf eine Leinwand, wobei ich mir viel Zeit lasse. Manche Tage sind es nur wenige Pinselstriche oder ich habe schlicht gar keine Lust. Aber es kann mich auch überkommen, und die Zeit verfliegt nur so, während ich vor dem Bild stehe und immer wieder neu daran herumwerkele. Kurz und gut: ich mache mir damit keinen Stress.
Nachdem sie weg war, stellte ich die Staffelei auf. Ich wollte schon seit `ner gefühlten Ewigkeit wieder ein Bild malen. Nun hatte ich den Ansporn, die in den letzten Jahren gemalten und in der Wohnung aufgehängten Bilder nach und nach durch neue zu ersetzen. Bei dem Tempo wird es freilich noch ein Weilchen dauern, bis überall neue „Schmierereien“ von mir hängen.
Ich mag die meisten meiner Erzeugnisse. Bilder oder Gedichte. Sie kommen aus mir. Sie repräsentieren mein Inneres. Schon etwas mehr als nur Scheiße.
Es ist immer fatal, wenn man versucht, sich vergleichend zu bewerten. Sowieso im kreativen Bereich. Ich allein muss mit dem Ergebnis zufrieden sein. Der Entstehungsprozess ist unter Umständen viel wichtiger als das Endprodukt. Der Weg ist das Ziel… Ich muss mich mit dem, was ich mache, identifizieren können… Mein Gott, was labere ich hier ab? – ich sollte besser den Pinsel in die Hand nehmen. (Ha-ha – „Pinsel in die Hand nehmen“ ist gut – ha-ha!)
Ich habe sogar schon eine Idee für den Titel des Bildes: „Hund, der ins Bild läuft, am Bülowbogen“.
Wenn man wie ich nichts richtig kann, dann ist Malen `ne super Sache. Das kriegt jeder hin – man muss einfach wieder ein Stück Kind werden und ein paar Hemmungen und Ansprüche über Bord werfen. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass Anspruchsdenken in der Kunst tödlich ist. Ups – habe ich „Kunst gesagt? (Egal.)
Das ist es, was ich an unserer Welt am Meisten hasse: das auf Anspruch und Leistung dressierte Denken.
Was in unserer heutigen Welt als Kunst proklamiert wird, ist vor allem Künstlichkeit. Viel zu weltfremd, viel zu weit weg vom Individuum und seiner Lebenswirklichkeit. Die Inszenierung steht im Mittelpunkt.
Dabei bedeutet Kunst originär nichts anderes als der Prozess unserer Bewusstwerdung als Mensch, als denkende und fühlende Kreatur gegenüber einem Kosmos voller wahnsinniger Erscheinungen…; und jeder von uns, jeder Mensch kann einen Pinsel in die Hand nehmen und sich seine Existenzfragen von der Seele schmieren. Vergesst die sachverständigen Arschlöcher, die euch weiß machen wollen, was Kunst ist und was nicht. Befreit euch von dieser Gängelung. Lasst raus, was in euch steckt! Alle Menschen sind Künstler.
So. Fertig.
(Mit dem Bild noch nicht. Wahre Schmiererei braucht ihre Zeit.)

8 Gedanken zu “Hund, der ins Bild läuft, am Bülowbogen

  1. Aber schaue dir die Kunstszene mal an – die strotzt nur so vor eingebildeten Auskennern und Genies, die sich im Geklimper der Sektgläser feiern lassen. Natürlich, überall spielt Geld die tragende Rolle. Man kann gute Bewertungen/Kritiken einkaufen. Das ist auch hier im Internet nicht anders.
    Ich will gar nicht beurteilen, wie gut die alle sind. Mir sticht lediglich die Diskrepanz zwischen Güte und Marktwert/Öffentlichkeit ins Auge. Geld verblödet offenbar den Blick der Menschen. Mit etwas Geschick, Instinkt und Vitamin B kann man heute doch alles hin zu einem gewissen Bekanntheitsgrad inszenieren. Und es geht durch. Die Leute fahren drauf ab.
    Klar, das ist Kommerz. Und wir stumpfen dahingehend immer mehr ab.

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    • Ich habe viel zu lange nicht mehr “rumgeschmiert” ohne Emotionen entsteht nicht mal das.
      Vielleicht versuche ich ein Schneckenhaus 🐚 mal sehen

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  2. Ich war selber mal phasenweise für rund vier Jahre nebenbei Galerist und kann nur sagen – als Erkenntnisse aus dieser Zeit: a) es gibt wirklich niemanden, der „Ahnung“ von Kunst hat, lediglich Leute, die kunsthistorisches Fachwissen, oder Künstlerbiografien herunterleiern können und sich darauf einen abwichsen. Wie kann man Ahnung von etwas haben, das man fühlen muss? b) es gibt keine wirkliche „Schmiererei“ – für jeden Topf findet sich der passende Deckel, bzw. für jedes Bild ein Liebhaber. Bei manchen Bildern dauert es nur ewig… 😉 c) das dümmste und hohlste Gelaber kriegst Du auf Vernissagen mit gutbürgerlichem/möchtegern-bildungsbürgerlichem Publikum zu hören – den geistigen Dünnschiss, den eine exaltierte Anwaltsgattin zur esoterisch angehauchten Ex-Bankerin, die jetzt lieber ganzheitlich und achtsam töpfert, über „Kunst“ labert – das kann man einfach nicht mehr steigern… 🙂
    Wie Du schon richtig erkannt hast – Kunst ist Kunst, wenn man Bock darauf hat, damit anzufangen… Ohne überzogene Selbstansprüche kommt fast immer etwas Ansprechendes dabei heraus… Also, frohes Schaffen!

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  3. und das hast du dir angetan? ich meine, man muss sich vieles zwangsweise antun, weil es der job erfordert oder die familie. aber in sachen kunst kann ich mich einfach nicht zur nutte machen. das geht viel zu tief. ich brauche solche bereiche, wo ich mich originär ausleben kann. darum nehme ich auch hier auf den blogs selten ein blatt vor den mund.
    kunst ist überall dort, wo man seine hüllen fallen lassen kann und den ganzen scheiß, der sich mit der zeit in einem ansammelt, zulässt. wo ich ich sein darf. ohne bewertung von außen. wo ich mich an mir selbst abarbeiten kann. ohne stress. wo ich schreien und weinen darf. in farbe oder in buchstaben…

    die selbstansprüche muss man sich abschminken. das ist lektion 1. ich hatte eine kunstlehrerin, die mir in dieser hinsicht wegweisend war – um eben nicht im schaffensprozess zu verkrampfen. aber okay, jeder hat da wahrscheinlich andere zugänge…

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  4. Was ist Kunst? …wollte eben bei Wikipedia nachlesen… mir schwirrte der Kopf schon nach den ersten Zeilen. Alles nur zu lesen, wäre schon Abendfüllend gewesen.

    Lässt Kunst sich rational erfassen ? Sicher schon, denn wie immer geht es rational um Merkmale, die das Kunstwerk vom Kitsch unterscheiden lassen.

    Kunst ist für mich zum Beispiel eine Form der Transformation und zeigt auf das, was man nicht sieht. Das was man nicht sieht sind zum Beispiel Stimmungen, (egal ob gesellschaftlicher oder individueller Art) Gefühlsregungen und vieles mehr. Entscheidend ist, wie man als Mensch, der im Bereich der Kunst kreativ wird, seine Umwelt wahrnimmt und wie er sie reflektiert. Eine Reflektion, auf die der Betrachter reagiert. Der Mensch mag gern mitschwingen. Das heißt, alles hat seine Wurzel in der individuellen Realität und wird durch die Transformation reflektiert.

    Ein Beispiel dazu sind z.B. die zahlreichen Liebesgedichte von Goethe, die ihren Ursprung in der unerfüllten Liebe zu einem blutjungen Frau hatten. Damals war Goethe schon betagt und seine weibliche Muse noch keine 18 Jahre. Sie wurde deshalb von den besorgten Eltern aus seinem Blickfeld entfernt. Goethe litt und schrieb weiter an seinen Gedichte.

    Ich denke in einem Lebensabschnitt, in dem man sich empfindsamer als sonst fühlt, arbeitet das Innere auf Hochtouren und wohl dem, der ein Ventil über die Kreativität findet, um einen Schwall an Emotionen ein Ventil zu geben.

    Ich bin gespannt auf dein Bild..und hoffe darauf, dass du es deinem Lesern hier auch zeigen wirst.

    Für morgen wünsche ich dir einen guten Start in die neue Arbeitswoche

    LG La We

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